Anarchists Against the Wall

Die Anarchists Against the Wall (AATW) (hebräisch אנרכיסטים נגד הגדר; deutsche Übersetzung des hebräischen Wortlauts: Anarchisten gegen den Zaun; teilweise auch Anarchists Against Fences) sind eine Gruppierung in Israel, die sich gegen die israelischen Sperranlagen im Westjordanland engagiert. Sie wurde 2003 gegründet[1] und wird von der Jerusalem Post als älteste anarchistische Gruppierung Israels bezeichnet,[2] wiewohl von 1958 bis in die 1980er Jahre mit der Agudath Schochrei Chofesh um Abba Gordin bereits eine etwa 150 Mitglieder starke jiddischsprachige anarchistische Gruppe in Tel Aviv bestand, die unter anderem die Zeitschrift Problemen herausbrachte.[3]

Logo der Gruppe Anarchists Against the Wall

Positionen

Aktivisten der Internationalen Solidaritätsbewegung ketten sich 2006 als Teilnehmer der friedlichen Proteste gegen die Sperren in Bil'in an das Fundament der West-Bank-Sperre

Die Gruppe bezeichnet die Sperranlage als „Apartheids-Mauer“ und behauptet, dass selbige lediglich die Besetzung und letztlich Abtrennung von palästinensischen Territorien als Ziel hat. Die Anarchists Against the Wall lehnen die Besetzung der Palästinensischen Autonomiegebiete kategorisch ab, kooperieren aktiv mit Teilen der palästinensischen Unabhängigkeitsbewegung und schließen gemeinsame Demonstrationen mit Mitgliedern der militanten Palästinenserorganisationen PFLP und Fatah nicht aus. Sie betonen, dass ihre direkten Aktionen in den Palästinensischen Autonomiegebieten unter Führung der lokalen Gemeinden durchgeführt werden. Des Weiteren erklären sie, dass es sich bei ihnen nicht um eine homogene Gruppierung handele, sondern um eine Ansammlung von Individuen, die entsprechend unterschiedliche Ansichten vertreten. Jede Selbstdarstellung unterliege dieser Einschränkung. Folglich gebe es kein einheitliches Manifest. Einzelne bezeichnen sich in Abgrenzung zu gemäßigten zionistischen Linken in Israel als antizionistisch, was ihnen auch die Zusammenarbeit mit palästinensischen Dorfversammlungen erleichtert.[4]

Geschichte

Die Anarchists Against the Wall wurden im Zuge eines Protestcamps in Mas'ha von israelischen Aktivisten gegründet. Das Camp bestand aus palästinensischen, israelischen und internationalen Aktivisten, die sich gegen die Sperranlage einsetzen wollten, indem das Land besetzt wurde, durch das sich die Sperranlagen in Zukunft ziehen sollten.

Aktionsformen

Aktion beim Ort Beit Mirsim, Oktober 2007

Die Gruppe protestiert nach eigenen Angaben mit zivilem Ungehorsam. Die Anarchists Against the Wall verwenden verschiedene Aktionsformen, etwa die Blockade von Bauarbeiten oder die Beteiligung an lokalen palästinensischen Demonstrationen. Weitere Aktionen umfassen die Zerstörung israelischer Grenzsicherungsanlagen.[5] Im Zuge einer Aktion im Jahre 2003, in der der Sicherheitszaun durchbrochen werden sollte, wurde ein israelischer Aktivist von der israelischen Armee durch einen Schuss ins Bein leicht verletzt. Am 11. August 2006 wurde ein Aktivist der AATW schwer verletzt. Während einer Demonstration in Bil'in schoss ein israelischer Grenzpolizist aus einer Entfernung zwischen 10 und 20 Metern mit einem gummiummantelten Stahlgeschoss auf den Aktivisten Limor Goldstein und traf ihn am Kopf, wodurch er einen Gehirnschaden erlitt.[6] Am 3. Februar 2007 wurden Hauptverkehrsstraßen in Tel Aviv mit Stacheldraht vom Grenzzaun blockiert.

Auszeichnung

Verleihung der Carl-von-Ossietzky-Medaille 2008

Die AATW, konkret ihre Aktivisten und Vertreter Adi Winter & Yossi Bartal, erhielten die Carl-von-Ossietzky-Medaille 2008, da sie laut Laudatio „beispielhaft für den gewaltfreien Widerstand gegen die von Israel errichtete Trennungsmauer auf palästinensischem Land sowie für Standhaftigkeit in vielfältigen Graswurzelaktionen von Palästinensern, Israelis und internationalen Unterstützerinnen und Unterstützern gegen die israelische Besatzung der Westbank und des Gazastreifens“ stehe. Sie praktiziere „eine Kultur, die eine gemeinsame Zukunft ohne Ausgrenzung und Zerstörung vorwegnimmt“, und demonstriere „bewusst, dass ein Zusammenleben in Freiheit und Frieden möglich ist“.[7]

Literatur

  • Sebastian Kalicha (Hrsg.): Barrieren durchbrechen! Israel/Palästina: Gewaltfreiheit, Kriegsdienstverweigerung, Anarchismus. Verlag Graswurzelrevolution, Nettersheim 2008, ISBN 978-3-939045-08-3
  • Adi Winter: Libertärer Widerstand in Israel/Palästina in Graswurzelrevolution, Dezember 2009
  • Uri Gordon, Ohal Grietzer (Hrsg.): Anarchists Against the Wall. Direct Action and Solidarity with the Palestinian Popular Struggle. 1. Auflage. AK Press, Edinburgh 2013, ISBN 978-1-84935-114-0 (englisch).

Einzelnachweise

  1. Interview mit Anarchists Against The Wall. Aus: Feierabend Nr. 28, 2008. Gespiegelt auf Anarchismus.at, abgerufen am 17. Juni 2017
  2. Hunter Stuart: Anarchy in the Jewish State. In: The Jerusalem Post. 3. Juli 2016, abgerufen am 15. Juni 2017 (englisch).
  3. Zwischen Zion und Mauer « Radio Chiflado. In: radiochiflado.blogsport.de. 26. November 2012, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 23. April 2018; abgerufen am 17. Juni 2017.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/radiochiflado.blogsport.de
  4. Aussage der Referentin von AatW auf ihrem Vortrag in der KTS in Freiburg Dezember 2008
  5. 50 Jahre Besatzung – 50 Jahre Widerstand. In: Rosa-Luxemburg-Stiftung Israel Office. 31. Mai 2017, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 16. Juni 2017; abgerufen am 14. Juni 2017.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.rosalux.org.il
  6. One blow to the brain von Dalia Karpel auf haaretz.com; abgerufen am 2. Juli 2009.
  7. Presseerklärung der ILMR vom 5. Dezember 2008, abgerufen am 2. Oktober 2009.
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.