Amerlinggymnasium

Das Amerlinggymnasium (ehemals: Mariahilfer Gymnasium) ist ein Gymnasium im Wiener Stadtteil Mariahilf.

Das alte Gebäude des Amerlinggymansiums (ehemals Palais Kaunitz-Esterházy) – Ostfassade, Foto: A. Stauda, 1906
Bauplatz in den Berichten der Wiener Stadtverwaltung, 1873, Plan 15
Blick vom Esterházypark zur Ostfassade des Mariahilfer Gymnasiums (ehemals Palais Kaunitz-Esterházy), Anton Peisker, Lithographie 1880
Die vier Horen, Ausschnitt aus dem Deckenfresko (mit Scheinarchitektur und Spiegel-Detail) Der Olymp (1820) im einstigen Palais Esterházy, Wien/Mariahilf, (Foto: 1970)
Drei Chariten, Zeus und Hera, zentraler Ausschnitt aus dem Deckenfresko Der Olymp, (Foto: 1970)
Eines der 10 Götterporträts aus dem „Spiegel“ des Deckenfreskos Der Olymp, (jetzt im Bezirksmuseum Mariahilf)
Detail der Ostfassade des Mariahilfer Gymnasiums mit barockem Mittelrisalit, wenige Tage vor Beginn der Abbrucharbeiten, Herbst 1970
Detail der Westfassade (Mittelrisalit) des Mariahilfer Gymnasiums mit reich ornamentierten steinernen Parapetfeldern (um 1780), (Foto: 1970)

Geschichte

Kurz nach ihrer Gründung im Jahr 1864 übersiedelte die Schule 1869 in das von der Gemeinde Wien von der Familie Esterházy erworbene, ursprünglich barocke Palais Kaunitz-Esterházy. Dieses Palais war zu Schulzwecken durch den städtischen Oberingenieur Georg Haussmann nach Aufsetzen eines 2. Stockwerks aufwändig, nach dem neuesten Stand der Technik funktional, adaptiert worden.

Auf der Wiener Weltausstellung 1873 wurde nicht nur das Gebäude in Plänen und Ansichten als exemplarisch moderner Schulbau präsentiert, sondern auch prominente anthropologische und zoologische Sammlungsbestände des Gymnasiums, die nach zeitgenössischer Darstellung „vergleichbaren universitären Sammlungen in keiner Weise nachstanden“, gezeigt. Diese hatte der erste Direktor der Schule, Benedikt Kopezky, angeschafft.

Während der Besatzungszeit nach dem Zweiten Weltkrieg war im Hauptgeschoss des Gebäudes das Lycée Français de Vienne untergebracht. Nach Auszug der französischen Schule wurden zwischen 1955 und 1960 unter der Direktion Friedrich Wotkes von der Bundesgebäudeverwaltung eine Reihe von Sanierungsarbeiten am und im Gebäude durchgeführt, wobei auch das Deckenfresko im barocken oktogonalen Festsaal von Antonio Marini, "Der Olymp", (1820) vom Bundesdenkmalamt restauriert wurde. 1964 wurde in einer Reihe von Veranstaltungen das 100-jährige Bestehen des Gymnasiums gefeiert.

1967 wurde auf Betreiben der neuen Schulleitung und der Bundesgebäudeverwaltung eine Aufhebung des Denkmalschutzes durchgesetzt, worüber die Öffentlichkeit erst im Herbst 1970 beim Auszug des Schulbetriebes in ein "Übergangsgebäude" in der Westbahnstraße erfuhr. Heftige Proteste in den Medien sowie von Seiten zahlreicher bekannter Persönlichkeiten aus Kunst und Kultur (Walter Koschatzky/Albertina, Renate Wagner-Rieger/Universität Wien, Otto Pächt/Universität Wien, Otto Niedermoser/Hochschule für angewandte Kunst Wien, Margarethe Poch-Kalous/Akademie der bildenden Künste Wien, Ernst Hiesmayr/Technische Hochschule, Wilhelm Mrazek/Museum für angewandte Kunst, Fritz Novotny, Erika Neubauer, Ernst Fuchs, Walter Schmögner, Alexander Jenner, Eberhard Wächter, Heinz Holecek – um nur einige zu nennen), konnten die Abbrucharbeiten nicht verhindern. So begannen am 1. Dezember 1970 die Abbrucharbeiten, um anstelle des historischen Gebäudes den Neubau des heutigen Schulgebäudes in der Amerlingstraße zu ermöglichen.[1]

Abgesehen von nur wenigen Bauelementen (z. B. barocke, skulptierte Fenstergewände samt Bekrönung und Verdachung des gartenseitigen Mittelrisalits – die ins Depot des Bundesdenkmalamtes verbracht wurden – und die geplante, nur zum Teil gelungene Übernahme der drei reich ornamentierten steinernen Parapetfelder des westseitigen Mittelrisalits durch die Österreichische Galerie) konnte auf Betreiben des "Aktionskomitees SOS für Wien" das Deckenfresko Der Olymp des Florentiner Malers Antonio Marini, das Fürst Nikolaus II. Esterházy de Galantha 1820 für den oktogonalen, neun Meter hohen Festsaals anfertigen hatte lassen, gerettet werden; zunächst in den Sieveringer Filmstudios zwischengelagert konnte das Fresko erst 1982 nach weiterer langer Lagerung in der Albertina – die letztlich erfolglos bestrebt gewesen war, im eigenen Haus einen geeigneten Raum zur Wiederanbringung zu finden – von Professor Josef Fastl, der es auch abgenommen hatte, an der Decke des neu geschaffenen Auktionssaales des Kunstpalais Dorotheum, im vormaligen Palais Eskeles, ohne den es umgebenden „Spiegel“ mit zehn runden Götterporträts, wieder appliziert werden. Seit 1993 befindet sich im Palais Eskeles das Jüdische Museum der Stadt Wien (Jüdisches Museum Wien). Seither ist das Marini-Fresko durch Abhängung der Decke für die Öffentlichkeit verborgen.

Direktoren

  • 1864–1872: Benedikt Kopezky
  • 1872–1893: Erasmus Schwab
  • 1893–1897: Josef Steiner
  • 1897–1910: Viktor Thumser
  • 1910–1918: Gustav Ficker
  • 1920–1925: Emil Schreiber
  • 1925–1938: Leo Lenz
  • 1938–1945: Anton Strebinger
  • 1945–1948: Rudolf Kuppe
  • 1948–1958: Friedrich Wotke
  • 1959–1976: Wilhelm Morawietz

Absolventen (Auswahl)

Schriften

  • Erasmus Schwab, Das Schulhaus des Mariahilfer Communal-Real- und Obergymnasiums in seiner neuen Gestalt, 16. Jahresbericht, Schuljahr 1880, Seite I - XX
  • Schulprogramme des K. K. Staatsgymnasiums im VI. Bezirke von Wien, 1897–1915 Digitalisat

Literatur

  • Heinz P. Adamek: Das Palais Albrechtsburg-Kaunitz-Esterházy in Mariahilf. In: Mariahilf – Kultur und Umwelt – Dokumentation einer Veränderung im Oktober 1982; Katalog zur Plakatausstellung Was ist los in Mariahilf?. Wien: Rema-Print 1982.
  • Edgard Haider: Verlorenes Wien – Adelspaläste vergangener Tage. Wien 1984, ISBN 3-205-07220-0.
  • Heinz P. Adamek: Geschichte eines Wiener Palais – Palais europäischer Geschichte. In: Festschrift 125 Jahre Mariahilfer Gymnasium. Wien 1989, S. 53 ff.
  • Dieter Klein, Martin Kupf, Robert Schediwy: Stadtbildverluste Wien – Ein Rückblick auf fünf Jahrzehnte. Wien 2005, ISBN 3-8258-7754-X.

Einzelnachweise

  1. Dieter Klein, Martin Kupf, Robert Schediwy: Stadtbildverluste Wien. LIT Verlag Münster, 2005, ISBN 3-8258-7754-X, S. 165–166 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).

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