Amenorrhoe
Das Ausbleiben der Menstruation wird als Amenorrhoe bzw. neuer Amenorrhö (von altgr. ἀ- a- „un-“, „ohne“, μήν mēn „Monat“ und ῥοή rhoḗ „Fluss (Fließen)“ von ῥέω rhéo „ich fließe“) bezeichnet und ist eine der am häufigsten auftretenden Störungen der menstruellen Regelblutung. Das Ausbleiben der Menstruation während Kindheit, Schwangerschaft, Stillen und Postmenopause ist natürlich, weshalb in diesen Fällen von einer physiologischen Amenorrhoe gesprochen wird. Unterschieden wird zwischen primärer und sekundärer Amenorrhoe.
Klassifikation nach ICD-10 | |
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N91.0 | Primäre Amenorrhoe |
N91.2 | Sekundäre Amenorrhoe |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Primäre Amenorrhoe
In der Gynäkologie wird von einer primären Amenorrhoe gesprochen, wenn bei einer Frau nach der Vollendung des sechzehnten Lebensjahres noch keine Menstruation aufgetreten ist.
Sekundäre Amenorrhoe
In der Gynäkologie wird von einer sekundären Amenorrhoe gesprochen, wenn bei einer Frau, die bereits menstruiert hat, die Menstruation für mehr als 3 Monate ausgeblieben ist.
Ursachen
Ursachen für eine Amenorrhoe können z. B. das Fehlen eines Eisprungs (Anovulation/ PCO-Syndrom), Störungen im Hormonhaushalt/hormonelle Fehlsteuerungen (z. B. Adrenogenitales Syndrom, vermehrte Androgenbildung, vermehrte Cortisolbildung, vermehrte Prolaktinbildung, Unterfunktion der Nebennierenrinde, Unterfunktion der Schilddrüse), Krankheiten der Hypophyse, bestimmte Gendefekte wie eine komplette Androgenresistenz (siehe Intersexualität), Stoffwechselerkrankungen, anatomische Besonderheiten, die die Organfunktionen einschränken (z. B. Funktionsstörung der Eierstöcke, Hymenalatresie/ Undurchlässigkeit des Jungfernhäutchens) sowie Untergewicht (z. B. bei Anorexie) sein.
Es ist fraglich, ob bei xy-chromosomaler Androgenresistenz oder xy-chromosomaler Gonadendysgenesie (Swyer-Syndrom) überhaupt von primärer oder sekundärer Amenorrhoe gesprochen werden kann, da für einen xy-chromosomalen – also chromosomal männlichen – Organismus (auch bei Vorhandensein eines Uterus wie beim Swyer-Syndrom) eine Menstruation im „weiblichen Sinne“ weder primär noch sekundär biologisch vorgesehen ist.
Auch langanhaltende starke psychische Belastungen, wie z. B. ein Gefängnisaufenthalt (insbesondere Isolationshaft), können zum Ausbleiben der Regelblutung führen.
Ebenso kann die Regelblutung im Falle von anderen körperlich und/oder psychisch belastenden Ereignissen ausbleiben, wie z. B. Auslandsaufenthalten mit Klimawechsel, oder nach einer Geburt und bei längerer und/oder hochdosierter Einnahme bestimmter Medikamente (u. a. Psychopharmaka, blutdrucksenkende Mittel, Hormonpräparate).
Eine Sonderform der sekundären Amenorrhoe ist die sogenannte Post-Pill-Amenorrhoe, bei der nach dem Absetzen der Antibabypille die Menstruation erst nach drei oder mehr Monaten wieder einsetzt. Dieses Phänomen tritt mit einer Häufigkeit von bis zu 2 % auf und ist auf eine zentralnervöse Fehlsteuerung und auf die Hormonumstellung im Körper der Frau zurückzuführen. Auch wenn in der Post-Pill-Phase Menstruationsblutungen auftreten, ist es möglich, dass diese keinen Eisprung aufweisen.[1] In diesem Fall spricht man von einem anovulatorischen Zyklus. Durch gezielte Zyklusbeobachtung kann festgestellt werden, ob die Periodenblutung mit einem Eisprung einhergeht.
Das Ausbleiben der Regelblutung während einer Schwangerschaft ist per definitionem normal, ebenso das dauerhafte Ausbleiben der Menstruation nach den Wechseljahren (Menopause).
Die Stoffwechselkrankheit Hämochromatose, die den Körper zu viel Eisen aufnehmen bzw. speichern lässt, kann ebenfalls die Ursache für eine Amenorrhoe sein.
Behandlung
Die Behandlung dieser Zyklusstörung richtet sich nach der Ursache der Amenorrhoe und muss somit individuell abgestimmt werden. Der Therapie müssen nach Ausschluss einer Schwangerschaft mittels eines Schwangerschaftstests gründliche Untersuchungen (z. B. Hormonstatus) und ein umfassendes Anamnesegespräch vorausgehen, um den Grund für das Ausbleiben der Monatsblutung zu finden. Bei einer Hormonstörung als Ursache kann eine entsprechende hormonelle Therapie Erfolg bringen, Organfunktionsstörungen können teils operativ behoben werden. Ist die Amenorrhoe auf psychische Belastungen zurückzuführen, kann in schweren Fällen eine Psychotherapie das Mittel der Wahl sein.
Siehe auch
- Dysmenorrhoe – Regelschmerzen
- Lactational Amenorrhea Method – Verhütungsmethode unter Ausnutzung der Still-Infertilität
Weblinks
Einzelnachweise
- Elisabeth Raith-Paula, Petra Frank-Hermann, Günter Freundl, Thomas Strowitzki: Natürliche Familienplanung heute. 4., neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Springer Medizin, Heidelberg 2008, ISBN 978-3-540-73439-0, S. 63.