Pere Ubu
Pere Ubu [pɛːr yby] ist eine US-amerikanische Rockband, die 1975 in Cleveland, Ohio, gegründet wurde. Ihr französischer Name ist Ubu roi (dt.: König Ubu), dem absurden Theaterstück Alfred Jarrys, und dessen Hauptfigur Père Ubu (dt.: Vater Ubu) entlehnt. Der Name unterstreicht den künstlerischen Anspruch der Band, so kombiniert Pere Ubu experimentelle Rockmusik mit Elementen aus Punk, Musique concrète, Krautrock oder Free Jazz. Die Band bezeichnet ihre Musik als „Avant-Garage“, einer Mischung aus Avantgarde und Garage Rock.
Pere Ubu | |
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Pere Ubu (2009) | |
Allgemeine Informationen | |
Herkunft | Cleveland, Vereinigte Staaten |
Genre(s) | Post-Punk, Experimental, Art-Rock, New Wave, Alternative Rock, Art-Punk |
Gründung | 1975 |
Website | ubuprojex.com |
Gründungsmitglieder | |
David Thomas | |
Peter Laughner | |
Tom Herman | |
Tim Wright | |
Allen Ravenstine | |
Scott Krauss | |
Aktuelle Besetzung | |
Gesang | David Thomas |
Gitarre | Keith Moliné |
Bass | Michelle Temple |
Synthesizer, Theremin | Robert Wheeler |
Schlagzeug | Steve Mehlman |
Ehemalige Mitglieder | |
Gitarre | Mayo Thompson |
Gitarre | Jim Jones |
Bass | Tony Maimone |
Schlagzeug | Chris Cutler |
Geschichte
Im Jahr 1974 gründete David Thomas die Band Rocket from the Tombs. Nach künstlerischen Differenzen zwischen den Mitgliedern löste sich die Band 1975 auf. Thomas und Peter Laughner gründeten Pere Ubu, während die anderen Mitglieder von Rocket from the Tombs später als Dead Boys bekannt wurden.
Pere Ubu wuchs um weitere Mitglieder an und nahm im September 1975 ihre erste Single 30 Seconds over Tokyo auf. Anfang 1976 folgte die Single Final Solution. In Ermangelung eigener Kompositionen spielte die Band bei Live-Auftritten zunächst viele Coverversionen, darunter Lieder von den MC5, The Stooges oder The Velvet Underground. Den Single-Veröffentlichungen folgten Auftritte im Max’s Kansas City Club in New York und einigen Clubs in Cleveland. Nach einigen Umbesetzungen in der Band kam es Mitte 1976 zur Veröffentlichung der dritten Single Street Waves.
Diese Single war es auch, die Cliff Burnstein, einen A&R-Mann von der Plattenfirma Mercury Records, auf die Band aufmerksam machte. Jedoch hielt Burnstein seine Firma nicht für das geeignete Label, sicherte jedoch in einem Gespräch mit Thomas der Band seine Unterstützung zu. Zwei Wochen später zeigte auch Chrysalis Records Interesse an Pere Ubu. Damit unter Druck gesetzt, schuf Burnstein eigens für die Band das Label Blank Records, das dann als Unterlabel von Mercury betrieben wurde. Daraufhin erschien im Februar 1978 das erste Album The Modern Dance. Nach einer Tournee durch die USA und Europa erschien im gleichen Jahr noch das Album Dub Housing. Auch im folgenden Jahr tourte die Band in Europa zusammen mit Nico und The Red Crayola. Nachdem 1979 das dritte Album New Picnic Time veröffentlicht worden war und die Band in San Diego einen Auftritt vor nur fünf Zuhörern gehabt hatte, verließ Gitarrist Tom Herman die Band und wurde durch Mayo Thompson von The Red Crayola ersetzt. Im Grunde war The Red Crayola mehr Thompsons Projekt mit ständig wechselnden Mitgliedern, so dass die nächste Veröffentlichung, an der Pere Ubu komplett beteiligt war, das Album Soldier Talk unter dem Bandnamen The Red Crayola war.
Pere Ubu veröffentlichte noch zwei weitere Alben, die von Kritikern hoch gelobt wurden. Doch innerhalb der Band gab es zunehmend Spannungen. David Thomas verwirklichte sich zwischen 1982 und 1987 auf insgesamt sechs Alben, die alle eine Weiterführung des Ubu-Sounds bedeuteten. Denn viele ehemalige Pere-Ubu-Mitglieder wirkten bei den wechselnden Soloprojekten von Thomas mit. Die Bandmitglieder Scott Krauss und Tony Maimone gründeten eine neue Band namens Home & Garden. Pere Ubu selbst schien aufgelöst, ohne dass es jemand verkündet hatte.
Mit dem Album The Tenement Year erwachte die Band 1987 wieder. Für das folgende Album Cloudland arbeitete man mit Stephen Hague als Produzent. Dessen Erfahrungen mit den Pet Shop Boys und New Order bescherten die eingängigsten und poppigsten Songs der Band. Es folgten weitere Studio- und Livealben, aber auch vieles aus früheren Phasen der Band wurde wiederveröffentlicht.
Die einzige Konstante der Bandgeschichte blieb bis heute David Thomas. Andere Mitglieder verließen die Band, um später zurückzukehren. Alan Greenblatt z. B. hatte nur ein kurzes Gastspiel. Inkonsequent erscheint die Veröffentlichungspraktik der Band: Erschien das erste Album noch unter der Obhut des Mercury Labels, wechselte man für das zweite schon zu Chrysalis. Anschließend folgte die vertragliche Verpflichtung bei Rough Trade Records, die am längsten währte, um danach wieder bei Fontana Records zu unterschreiben. Daneben gab es noch Zwischenstationen bei weiteren Firmen. Das aktuelle Label der Band ist Fire Records.
Erfolge in den Charts konnte die Band nicht erreichen. Dennoch fanden ihre Veröffentlichungen immer große Beachtung.
Musik
Auf der Website der Band bezeichnet sie sich selbst schlicht als „Rockband“. In ihrer Anfangszeit wurde die Band vor dem Hintergrund der Punk-Bewegung als Punkband kategorisiert, später als Vertreterin des New Wave.
Als Alan Bangs Ende der 1970er Jahre eine zweite Radiosendung auf BFBS neben dem etablierten Nightflight machen durfte, in der „andere“ Musik gespielt werden sollte, benannte er sie in Ermangelung einer wirklich treffenden Kategorie nach dem ersten Album von Pere Ubu The Modern Dance.
„30 Seconds over Tokyo“ wurde in die Wire-Liste The Wire’s “100 Records That Set the World on Fire (While No One Was Listening)” aufgenommen.
Diskografie
Rocket from the Tombs
- A Night of Heavy Music (Musikkassette, 1975)
- The Day the Earth Met the … (Anthologie, 2002)
- Rocket Redux (2004)
Pere Ubu
- The Modern Dance (1978)
- Dub Housing (1978)
- New Picnic Time (1979)
- Datapanik in the Year Zero (EP, 1978)
- The Art of Walking (1980)
- 390 Degrees of Simulated Stereo (Liveaufnahmen, 1981)
- Song of the Bailing Man (1982)
- Terminal Tower (Singles-Zusammenstellung, 1985)
- The Tenement Year (1988)
- Cloudland (1989)
- One Man Drives While the Other Man Screams (Liveaufnahmen, 1989)
- Worlds in Collision (1991)
- Story of My Life (1992)
- Raygun Suitcase (1995)
- Datapanik in the Year Zero (Anthologie, CD-Box, 1996)
- Pennsylvania (1998)
- Apocalypse Now (Liveaufnahmen, 1999)
- The Shape of Things (Liveaufnahmen, 2000)
- St Arkansas (2002)
- Why I Hate Women (2006)
- Why I Remix Women (Tour-only Remixes von Why I Hate Women, 2006)
- Long Live Pere Ubu! (2009)
- Lady from Shanghai (2013)
- Carnival Of Souls (2014)
- Drive, he Said 1994-2002 (Anthologie, 2017)
- 20 Years in a Montana Missile Silo (2017)
- The Long Goodbye (2019)
Solo-Projekte
- David Thomas & The Pedestrians (1981–1985)
- David Thomas & His Legs (1982–1983)
- David Thomas & The Accordion Club (1985)
- David Thomas & The Wooden Birds (1986–1987)
- David Thomas & Two Pale Boys (1996–2004)
- David Thomas & The Pale Orchestra (1999–2001)
- Peter Laughner (–1977; posthume Veröffentlichungen)
- Home & Garden (1982–1986)
- Easter Monkeys (1982–1983)
- Tripod Jimmy (1996)
Literatur
- Albrecht Pilz: Pere Ubu. In: Klaus Humann, Carl-Ludwig Reichert (Hrsg.): Rock Session 4. Rowohlt, Reinbek 1980, ISBN 3-499-17358-1, S. 381–383.
- Diedrich Diederichsen: Pere Ubu/Red Crayola. In: Sounds. 4/1981. Sounds Verlag, S. 32–35.
- Steven Grant, Ira Robbins, David Sprague: Pere Ubu. In: Trouser Press. TrouserPress.com – Pere Ubu (engl.)