Allemande

Die Allemande (französisch, von danse allemande „deutscher Tanz“, für „die Deutsche“; auch Almande, italienisch Allemanda, englisch auch Almain und Alman) ist seit dem 16. Jahrhundert und vor allem dem Barockzeitalter ein in Deutschland, Frankreich, Spanien, den Niederlanden und England bekannter, zweiteiliger geradtaktiger Schreittanz[1] im geraden Takt. Der erste Teil (Vortanz; früher auch einfach „Dantz“ genannt) steht meist im langsamen 4/4-Takt, der zweite Teil (Nachtanz bzw. Tanz-Nachtanz; früher auch „Hupfauf“,[2] „Gassenhauer“ oder „Proportz“, Proporz bzw. „Proportio“[3][4] genannt und später auch, etwa bei Pierre Phalèse, durch die Gagliarde[5] ersetzt) im schnellen Dreiertakt.

Allemande

Es ist anzunehmen, dass die Allemande aus deutschen Volkstänzen entstanden ist. Der Vortanz entstand vermutlich aus dem Reigen des Mittelalters. Wie das Bild zeigt, wurden (im 18. Jahrhundert) beim Nachtanz Armfiguren getanzt, die auch im Ländlertanz vorkommen.

Später entwickelte sich die Allemande, wie auch Courante, Sarabande und Gigue, als Tanzpaar (Allemande–Tripla)[6][7] zu einem festen Bestandteil der klassischen Suite der Barockmusik, wo sie häufig den ersten Suitensatz bildet, und erscheint in dieser Form vielfach bei Johann Sebastian Bach (Französische und Englische Suiten), Georg Friedrich Händel und in den Pièces de clavecin von Jean Philippe Rameau.

In ihrer spätbarocken Variante bewegt sie sich gern in 16tel-Schritten, ist geradtaktig und hat meistens einen kurzen Auftakt. Zu unterscheiden sind die rasche Allemande (im Alla-Breve-Metrum notiert) und die langsame Allemande (im 4/4-Takt notiert). In der Form der stilisierten Allemande wurde im 17. Jahrhundert das Tombeau komponiert, von ernstem Charakter und gemessener Bewegung. Eine lebhafte (flott schreitende) Allemande im 17. Jahrhundert wurde auch als Ballett[8] bezeichnet.

Aus dem Nachtanz im Dreiertakt entstand um die Mitte des 18. Jahrhunderts in Süddeutschland und Österreich der Deutsche Tanz, genannt auch Deutscher, als schneller Drehtanz[9] einer der Vorläufer des Wiener Walzers. (Der österreichische Komponist Joseph Lanner nannte seine Tänze zunächst Deutsche Tänze oder Ländler, später Walzer).

Die Instrumental-Allemande, wie sie etwa von Anthony Holborne im 16. Jahrhundert in England (als Almain), im 17. Jahrhundert von Daniel Bacheler, Robert Johnson[10] und im 17. Jahrhundert als Alemanda auch in Spanien für die Gitarre[11] geschrieben wurde, entwickelte sich anders als die getanzte Allemande. So schreibt schon Johann Mattheson Eine Allemande zum Tanzen und eine zum Spielen sind wie Himmel und Erden unterschieden… (Johann Mattheson in: Das beschützte Orchester, Hamburg 1717, S. 138). Solche Allemanden sind ornamentierter und harmoniereicher, haben eine erweiterte Taktzahl (statt 4 + 4 in Instrumentalsätzen 8 + 8 oder 8 + 10 oder 8 + 8 + 8), einen Wechsel einer Stimme in eine andere Stimmebene, stärkere Synkopierung und sogar Pausen innerhalb des Werkes.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Franz Zagiba: Riemann Musik-Lexikon - Sachteil. In: Willibald Gurlitt; Hans H. Eggebrecht (Hrsg.): Riemann Musik-Lexikon. Sachteil. B. Schotts Söhne, Mainz 1967.
  2. Etwa im Lautenwerk von Hans Neusidler. Vgl. Keiji Makuta: 51 selections for Lute in renaissance era. Arranged for Guitar. Zen-On, Tokyo 1969, ISBN 4-11-238540-4, S. 8–20 („Hupff Auff“ als Nachtanze verschiedener Tänze). – Vgl. auch Hubert Zanoskar (Hrsg.): Gitarrenspiel alter Meister. Original-Musik des 16. und 17. Jahrhunderts. Band 1. B. Schott’s Söhne, Mainz 1955 (= Edition Schott. Band 4620), S. 16 (Der stifl Tanz gefolgt von Der Hupauf mit der Miströre aus dem Lautenbuch des Stephan Craus, 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts).
  3. Adalbert Quadt: Gitarrenmusik des 16.–18. Jahrhunderts. Nach Tabulaturen hrsg. von Adalbert Quadt. Band 1–4. Deutscher Verlag für Musik, Leipzig 1970 ff.; 2. Auflage ebenda 1975–1984, Band 4, S. 38–54 („Proportz“ dort als Nachtanz der Passacaglia bei Santiago de Murcia).
  4. Adalbert Quadt: Lautenmusik aus der Renaissance. Nach Tabulaturen hrsg. von Adalbert Quadt. Band 1 ff. Deutscher Verlag für Musik, Leipzig 1967 ff.; 4. Auflage ebenda 1968, Band 2, S. 61 (Proportio von 1619).
  5. Adalbert Quadt: Lautenmusik aus der Renaissance. Nach Tabulaturen hrsg. von Adalbert Quadt. Band 1 ff. Deutscher Verlag für Musik, Leipzig 1967 ff.; 4. Auflage ebenda 1968, Band 2, S. 9.
  6. Konrad Ragossnig: Handbuch der Gitarre und Laute. 1978, S. 104.
  7. Vgl. auch Adalbert Quadt (Hrsg.): Gitarrenmusik des 16.–18. Jahrhunderts. 4 Bände. Nach Tabulaturen herausgegeben. Deutscher Verlag für Musik, Leipzig 1970–1984, S. 17–20 (Giovanni Battista Granata: die Tanzpaare Allemande und Gigue und Allemande und Courante aus Novi Capricci armonici Musicali pour la Chitarra Spagnola aus dem Jahr 1674).
  8. Adalbert Quadt: Lautenmusik aus der Renaissance. Nach Tabulaturen hrsg. von Adalbert Quadt. Band 1 ff. Deutscher Verlag für Musik, Leipzig 1967 ff.; 4. Auflage ebenda 1968, Band 2, Einführung sowie S. 15–19.
  9. Jürgen Libbert (Hrsg.): Wenzel Matiegka, 12 leichte Stücke op. 3 für Gitarre. Nach dem Urtext [aus der Chemischen Druckerei in Wien von etwa 1814] bearbeitet. Edition Preißler, 1979 (= Studio-Reihe Gitarre. Band 3), S. 16: Allemande (Deutscher).
  10. Keiji Makuta: 51 selections for Lute in renaissance era. Arranged for Guitar. Zen-On, Tokyo 1969, ISBN 4-11-238540-4, S. 37 und 40–46.
  11. Jerry Willard (Hrsg.): The complete works of Gaspar Sanz. 2 Bände, Amsco Publications, New York 2006 (Übersetzung der Originalhandschrift durch Marko Miletich), ISBN 978-082561-695-2, Band 1, S. 68 f. und 76 f.
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