Alfred Lessing (Autor)
Alfred Lessing (* 1921) ist das Pseudonym[1] eines deutschen Sinto, unter dem seine 1993 erschienene Autobiographie: Mein Leben im Versteck – wie ein deutscher Sinti den Holocaust überlebte erschien.
Leben
Lessing arbeitete ab 1936 als Jazz-Gitarrist bei einer bis 1939 in Deutschland gastierenden amerikanischen Band und anschließend bei einem Kleinzirkus. Er meldete sich freiwillig zur Wehrmacht, um ins Ausland zu desertieren. In der UdSSR wurde er als deutscher Soldat eingesperrt, entging aber der Erschießung durch sowjetische Soldaten, weil die Gefängnisse von deutschen Truppen besetzt wurden. Lessing gab sich als Italiener aus und konnte so unbehelligt in Lemberg bleiben. Hier wurde er Zeitzeuge der Pogrome an Lemberger Juden. Er schützte ein jüdisches Ehepaar, indem er sich deren Haus als Quartier zuweisen ließ und diese als sein Hauspersonal ausgab.
Seine Tarnung flog auf, ein deutsches Todesurteil wegen Desertion schien unausweichlich. Lessing wurde freigesprochen, da er als „Zigeuner“ wehrunwürdig sei, mithin nie der Wehrmacht hätte angehören dürfen; bei der Entlassung in die Heimat entzog er sich einer Verhaftung und tauchte in einer Musikgruppe des KDF unter, die u. a. einen Auftritt bei den Wachmannschaften im KZ Buchenwald hatte. In Dresden, wo er zur Untermiete lebte, wurde er fälschlich als Schwarzmarkthändler denunziert und verhaftet. Aus dem Gefängnis konnte er nach einem Bombentreffer fliehen und setzte sich als Ausgebombter nach Bayern ab.
Nach 1945 musizierte er für die amerikanische Besatzungsmacht, war Kleindarsteller und Stuntman beim Film. Zuletzt führte er zusammen mit seiner Frau ein Schaustellergeschäft. Seine Autobiografie wird in Literatur über den Porajmos als Quelle genutzt.[2] Das Vorwort zur Autobiografie schrieb Günter Wallraff.
Autobiographie
- Andreas Schmid (Bearb.): Mein Leben im Versteck. Wie ein deutscher Sinti den Holocaust überlebte. Zebulon, Düsseldorf 1993, ISBN 3-928679-10-4.
Literatur
- Marianne C. Zwicker (2009): Alfred Lessing In: dies: Journeys into Memory: Romani Identity and the Holocaust in Autobiographical Writing by German and Austrian Romanies. University of Edinburgh (Dissertation) S. 98–111 online
Einzelnachweise
- Siegfried Wolf: Zigeuner haben keine Lobby. In: Roland Schopf: Sinti, Roma und wir anderen. Beiträge zu problembesetzten Beziehungen (Fremde Nähe. Beiträge zur interkulturellen Diskussion; Bd. 5). Lit-Verlag, Hamburg 1994, S. 153, ISBN 3-89473-786-7.
- Beispiele für verschiedene Nutzungen:
- Sybil Milton: Vorstufe zur Vernichtung. Die Zigeunerlager nach 1933. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, Bd. 43 (1995), Heft 1, S. 127, ISSN 0042-5702 (online im Verlagsarchiv).
- Heike Krokowski: Die Last der Vergangenheit. Auswirkungen nationalsozialistischer Verfolgung auf deutsche Sinti. Campus Verlag, Frankfurt/M. 2001, S. 73, ISBN 3-593-36841-2 (zugl. Dissertation, Universität Hannover 2000).
- Deutscher Bundestag: (PDF; 101 kB)
- Stefanie Sabine Bach: Die narrative und dramatische Vermittlung von „Zigeunerfiguren“ in der deutschsprachigen Literatur (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im März 2018. Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.. Dissertation 2005.
- Erwähnung in einer Ausstellung des Goetheinstitutes in Bukarest. Ein Geschichtsunterricht der besonderen Art in: Siebenbürgische Zeitung, Folge 3 vom 28. Februar 2003, S. 5.
- Erwähnung in der Ausstellung Mit dem Führer zum Sieg? 2016/17 in Herford (Zellentrakt im Rathaus Herford) zum Thema Verfolgung von Sinti und Roma als Konkretisierung in der ausstellungspädagogischen Arbeit mit Schülern; vgl. Pädagogisches Begleitmaterial