Alexei Archipowitsch Leonow

Alexei Archipowitsch Leonow (russisch Алексей Архипович Леонов, wiss. Transliteration Aleksej Archipovič Leonov; * 30. Mai 1934 in Listwjanka bei Kemerowo, Russische SFSR; † 11. Oktober 2019 in Moskau[1]) war ein sowjetischer Kosmonaut und der erste Mensch, der sein Raumschiff verließ und lediglich mit einer Leine gesichert im Weltraum schwebte (erster Außenbordeinsatz). Leonow bekleidete den militärischen Rang eines Generalmajors.

Alexei Leonow
Alexei Leonow
Land Sowjetunion Sowjetunion
Organisation WWS
ausgewählt 7. März 1960
(1. Kosmonauten-Gruppe)
Einsätze 2 Raumflüge
Start des
ersten Raumflugs
18. März 1965
Landung des
letzten Raumflugs
21. Juli 1975
Zeit im Weltraum 7d 0h 32min
EVA-Einsätze 1
EVA-Gesamtdauer 24 min
ausgeschieden Januar 1982
Raumflüge

Leben

Leonow war das achte von neun Kindern eines Bauern und Pferdezüchters aus dem Westen Sibiriens. 1948 siedelte die Familie nach Kaliningrad über. 1953 trat Leonow in die Luftstreitkräfte ein und begann seine Ausbildung zum Piloten an der Fliegerschule Krementschuk in der Ukraine, die er 1955 mit Auszeichnung verließ. Anschließend wurde er bis 1957 in der Fliegerschule Tschuhujiw auf Jagdflugzeugen geschult.

Wostok

Leonow kam 1959 als Leutnant in die engere Wahl für das Kosmonauten-Training. Mit 19 anderen Piloten bildete er dann ab 7. März 1960 die erste Kosmonautengruppe der UdSSR.

Im Juni 1963 war er Ersatzpilot für Waleri Bykowski beim Raumflug von Wostok 5, dem zweiten Gruppenflug der bemannten Raumfahrt. Leonow war damit ein Kandidat für einen weiteren Wostok-Flug und begann nicht, wie andere Kosmonauten, 1964 das Training für das neue Sojus-Raumschiff.

Woschod

Russische Gedenkmünze zum 50. Jahrestag des ersten Außenbordeinsatzes eines Menschen am 18. März 1965: Alexei Leonow aus Woschod 2

Im Frühling 1964 wurde entschieden, dass weitere Raumflüge mit modifizierten Wostok-Raumschiffen unter der Bezeichnung Woschod starten würden. Der erste Woschod-Flug würde Wissenschaftskosmonauten als Passagiere befördern, während beim zweiten Flug zum ersten Mal ein Kosmonaut sein Raumschiff verlassen würde. Leonow wurde für den zweiten Flug und ab Juli speziell für den Ausstieg ausgebildet. Am 9. Februar 1965 wurde er von den offiziellen Stellen als Besatzungsmitglied mit Ausstiegfunktion bestätigt.

Woschod 2 startete am 18. März 1965 mit Leonow und seinem Kommandanten Pawel Beljajew an Bord. In der Erdumlaufbahn verließ Leonow als erster Mensch sein Raumschiff und schwebte frei im Weltraum. Mit dem Raumschiff war er nur durch eine 4,5 m lange Sicherheitsleine verbunden und schwebte etwa 12 Minuten im Weltraum. Diese Aktion endete fast in einer Katastrophe. Der Raumanzug hatte sich durch den Druckunterschied von ca. 0,35 bis 0,40 bar zum Vakuum des Weltraums so stark aufgebläht und versteift, dass Leonow ein Wiedereinstieg in die Luftschleuse unmöglich wurde. Leonow verringerte daraufhin den Druck in seinem Anzug durch ein in Höhe des rechten Oberschenkels befindliches Ventil auf den Notmodus mit nur noch ca. 0,20 bis 0,27 bar. Nun konnte er in die Schleuse und das Raumschiff zurückkehren. Im Buch „Zwei Mann im Mond“ beschreibt Leonow den bis zur Panik reichenden Kampf mit der Sicherungsleine während des Weltraumausstiegs.

Aufgrund von Problemen bei der manuellen Zündung der Bremsraketen landete das Woschod-Raumschiff 368 Kilometer von der geplanten Landestelle entfernt, und Leonow und Beljajew mussten in der Taiga zwei Tage in und neben dem Raumschiff warten, bis die Bergung durchgeführt werden konnte.

Nach diesem Flug verbrachte Leonow viel Zeit auf Vortragsreisen im Ausland.

Das Mondprogramm

In der Folgezeit arbeitete Leonow im sowjetischen Mondprogramm. Die Pläne wurden fortwährend geändert, und so wurden wechselnde Kosmonautengruppen zeitweise für eine Mondumrundung, zeitweise für eine Mondlandung ausgebildet. Leonow war die ganze Zeit im Range eines Kommandanten in diesem Programm. Im September 1968 war Leonow als einer von drei Kommandanten in der engeren Wahl für eine Mondumrundung. Eine Nominierung für den ersten Flug war jedoch fraglich, denn Leonow verscherzte sich Sympathien an höherer Stelle durch drei selbstverschuldete Autounfälle innerhalb von vier Monaten, ausschweifenden Lebenswandel sowie unbedachte Äußerungen gegenüber der internationalen Presse.

Nachdem die USA mit Apollo 8 im Dezember 1968 den Mond umrundeten, mit Apollo 11 im Juli 1969 die erste bemannte Mondlandung durchführten und alle vier Teststarts mit der für das sowjetische Mondlandeprogramm vorgesehenen Trägerrakete N1 scheiterten, wurde das sowjetische Mondprogramm 1974 ohne einen bemannten Flug um bzw. auf den Mond beendet. Fortan wurde mehr Wert auf den Bau und den Betrieb von Raumstationen gelegt.

Sojus

Leonow und Slayton im Sojus Orbital Modul

Im Jahre 1971 war Leonow als Kommandant des Flugs Sojus 11 vorgesehen, der zur Raumstation Saljut 1 führen sollte. Aufgrund eines Tuberkulose-Verdachts bei seinem Piloten Kubassow wurde jedoch zwei Tage vor dem Start die komplette dreiköpfige Mannschaft ausgetauscht, was ihr das Leben rettete. Die Ersatzmannschaft von Sojus 11 stellte einen neuen Langzeitrekord im Weltall auf, erstickte aber bei der Rückkehr im Sojus-Raumschiff.

Auch nach diesem Unfall war Leonow als Kommandant eines Raumfluges zu Saljut 1 vorgesehen. Er kam aber zusammen mit seinen Mannschaftskameraden Kubassow und Kolodin nicht zum Einsatz.

Leonow wurde danach als sowjetischer Kommandant für das Apollo-Sojus-Test-Projekt nominiert. Die Vorbereitungen für dieses erste internationale Projekt der bemannten Raumfahrt dauerten mehrere Jahre und erforderten mehrere Reisen zur NASA in die USA. Am 15. Juli 1975 startete er dann zusammen mit Kubassow im Raumschiff Sojus 19 und koppelte zwei Tage später zur ersten sowjetisch-amerikanischen Kooperation im All mit einem Apollo-Raumschiff, das mit den US-Astronauten Stafford, Brand und Slayton besetzt war.

Literatur und Malerei, Film

1971 erschien sein Buch Spaziergänger im All, 1980 Ausstieg im Kosmos. 2004 schrieb er zusammen mit dem US-Astronauten David Scott Zwei Mann im Mond. Außerdem beschäftigte er sich mit Malerei. Leonow war als Kosmonautenkünstler bekannt, der Eindrücke aus den Flügen in seiner Kunst verarbeitet habe; Werke von ihm gehören zum Fundus des Kosmonautenmuseums in Moskau.

1989 besuchte Leonow das Dorf Otter am Rande der Lüneburger Heide. Er war aufgrund der Kunstausstellung Kunst und Kosmos in Hamburg zu Gast und wollte die Chance nutzen, um die ländliche Bevölkerung des Umlandes näher kennenzulernen.[2]

Im Science-Fiction-Roman 2010 – Odyssee Two von Arthur C. Clarke und seiner Verfilmung 2010: Das Jahr, in dem wir Kontakt aufnehmen aus dem Jahr 1984 heißt das russische Raumschiff, das zum Jupitermond Europa unterwegs ist, Leonow.

In dem kanadischen Spielfilm Die andere Seite des Mondes (2003) ist Leonow das Idol der Hauptfigur. In diesem Film wurde Leonow vom russischen Schauspieler Sergei Priselkow dargestellt.

Der russische Spielfilm Die Zeit der Ersten (Spacewalker) von 2017 erzählt die Geschichte der Kosmonauten Beljajew und Leonow und ihres Weltraumfluges mit der Woschod 2. Hier übernahm der russische Charakterdarsteller Jewgeni Mironow die Rolle des Leonow.

In der Fernsehserie For All Mankind betritt Leonow als erster Mensch den Mond – in einer Alternativwelt mit dem zweiten erfolgreichen Start der sowjetischen Mondrakete N1 und einen Monat vor Apollo 11.

Ehrungen

Der Asteroid (9533) Aleksejleonov und der Mondkrater Leonov[3] sind nach ihm benannt. Gleiches gilt für die Felsengruppe Skaly Alekseja Leonova in der Antarktis. In seinem früheren Wohnort Kaliningrad ist er Namensgeber für die Straße Uliza Kosmonawta Leonowa (russisch улица Космонавта Леонова).

Er erhielt zwei Mal den Orden Held der Sowjetunion, die höchste Auszeichnung der UdSSR und ebenfalls zwei Mal den Leninorden sowie ein Mal den Orden des Roten Sterns. Von der DDR wurde er 1966 mit dem Karl-Marx-Orden ausgezeichnet und in Bulgarien erhielt er den Orden Georgi Dimitroff. Von der Stadt Altenburg, wo er als Soldat stationiert war, erhielt er die Ehrenbürgerwürde.[4] Hinzu kommen zahlreiche weitere sowjetische und ausländische Auszeichnungen und Ehrentitel.

Im Anschluss an seinen Besuch in der Lüneburger Heide 1989, verlieh man ihm spontan, in Anlehnung an seinen Titel Held der Sowjetunion, den Titel als zweifacher Held von Otter.[2]

Werke

  • Alexei A. Leonow, Wladimir I. Lebedew: Der Mensch im Weltall. Die Wahrnehmung von Raum und Zeit im Kosmos. Urania Verlag, Leipzig / Jena / Berlin 1969.
  • Alexei Leonow: Spaziergänger im All. Erinnerungen. Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart 1971, ISBN 3-421-01559-7.
  • Aleksej A. Leonov, David Randolph Scott, Christine Toomey: Zwei Mann im Mond. ECON Verlag, Berlin 2004, ISBN 3-430-15975-X.

Siehe auch

Literatur

Commons: Alexei Archipowitsch Leonow – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Russischer Raumfahrt-Pionier Alexej Leonow gestorben. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11. Oktober 2019. Abgerufen am 11. Oktober 2019.
  2. Kosmonauten in Otter 1989. Abgerufen am 24. April 2022 (deutsch).
  3. Leonov im Gazetteer of Planetary Nomenclature der IAU (WGPSN) / USGS
  4. Ehrenbürger der Stadt Altenburg. In: abg-info.de. Abgerufen am 18. Dezember 2019.
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