Alaunen

Die Alaunen (Alaunae/Alounis) waren ein keltisch-norischer Stamm, der mit zwölf anderen Stämmen den (wohl losen) Stammesbund des Königreich Noricum gebildet hatte.

Quellenlage

Sie werden zwar namentlich bei Claudius Ptolemäus in seiner um 150 n. Chr. entstandenen Geographike Hyphegesis als „Ἀμβισόντιοι“ zusammen mit fünf norischen Stämmen erwähnt.[1]

„Von Mitternacht die Sevazer, und Alaunen, wie auch die Ambisontier, und näher gegen Osten die norischen Ambitraver und Ambiliker.[2]

Andere Quellen zu den norischen Stämmen erwähnen die Alaunen dagegen nicht. Bei Plinius dem Älteren werden neben den vier westlicheren (rätisch/norischen) Stämmen der Vindeliker nur die Ambisonten (des Pinzgaues bis zum Inn) als von den Römern um 16/15 v. Chr. besiegter alpen-norischer Stamm angeführt. Bei den Huldigungsadressaten norischer Stämme an die kaiserliche Familie am Kärntner Magdalensberg (Alt-Virunum) finden sich von den Stämmen der Alpen-Nordseite zwar die Ambisonten, die Alaunen jedoch nicht. Auch in der Liste der von den Römern unterworfenen Stämme am Tropaeum Alpium in Monaco fehlt ihr Name. Möglich ist daher auch, dass es sich um eine Fremdbezeichnung handelte, die Claudius Ptolemäus bei seinen Recherchen aufgriff. Forstner ortet dazu eine alt-venetische Sprachbildung (nach den Weihealtarfunden).

Nach Johann Christoph Gatterer nennt sie Ptolemaeus in einem anderen Text Europäische Alanen oder Alaunen, meint damit aber offenbar ein Volk, das er im „Alaunischen Gebirge um die Quellen des Dnepr“ ansiedelt. Im gleichen Buch wird gesagt, dass Prokopios von Caesarea diese „Alaunen“ den Goten zurechne[3].

Lokalisierung

Der Siedlungsraum der Alaunen befand sich im nördlichsten Teil von Noricum, zumindest im heutigen Großraum von Salzburg (nach Scherrer, Peter) und Oberbayern-Chiemgau und reichte wohl vom unteren Saalachtal über den Chiemsee bis zum Inn (nach der späteren römischen Provinzeinteilung). Südlich der Alaunen siedelten die Ambisonten (allerdings: zwischen den Catenates und Rugusci; nach Plinius dem Älteren). Nach einer Verballhornung würde man zwar nur eine großräumige Lokalisierung annehmen: zwischen den Chatten (heutiges Hessen) und den (späteren) Rugiern (Niederösterreich/Mähren). Gemeint waren aber wohl die cattenates und rugusci, die mit den benlauni vindelikische Stämme vom Bodensee bis zum Inn bildeten. Dieses Dreieck-Gebiet war zudem teils von den Boiern überlagert und grenzte fließend an die Räter im Südwesten.

Das Stammeszentrum der Alaunen soll (nach einer Ansicht) in Karlstein bei Bad Reichenhall gewesen sein, wo die Kelten in der Latènezeit die Solequellen ausbeuteten und eine Münzprägung unterhielten. Auch die reichen Gewerken-Familien der Halleiner Salz-Kelten sind wohl als Alaunen (bzw. Ambisonten) zu werten. Wobei die Bergarbeiter immer schon in der Geschichte eine hohe Mobilität hatten und Technik und Wissen viel gewandert ist.

Zusammen mit den südlich von ihnen siedelnden Ambisonten (zumindest im Salzburger Pinzgau geortet, nach Forstner, der sich auf die m.a. geografische Karte und Angaben des Ptolemäus beruft), siedelten sie schon um Teurnia (also in Oberkärnten), werden die Alaunen einige Mal in den Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde unter der Bezeichnung Alaunen der Alpen als die dem Salzbetriebe sich widmende Volkszahl oder Genossenschaft genannt.[4] Die Sevazer wurden nach Inschriften hingegen im Südtiroler Pustertal geortet.

Geschichte

Die Alaunen wurden nach der weitgehend friedlichen Okkupation des Königreichs Noricum, bzw. der Sicherung von dessen Außengrenzen durch die Römer ab 15 v. Chr. sukzessive romanisiert und später germanisiert/baiuwarisiert. Begründet wurde der damalige römische Alpenfeldzug des Tiberius als Sicherung gegen Überfälle rätischer Stämme. Die Kelten waren zunehmend in die Zange zwischen immer mächtiger werdenden Römern und sich ausdehnenden Germanen geraten. Zur Zeit der römischen Eroberung des Alpenraumes waren aber schon die einstigen nördlicheren keltischen großen oppida (etwa Manching) seit etwa 50 Jahren verlassen und die Gegend menschlich offenbar ausgedünnt (was neuerdings allerdings kontrovers diskutiert wird). Möglicherweise hängt das mit dem von Gaius Iulius Caesar bereits beschrieben Angriff der Boier auf Noricum um 58/57 v. Chr. zusammen, der zwar abgewehrt werden konnte. Wobei sich dann bojische Aussiedler den Helvetiern angeschlossen hatten, in Gallien einfielen und von Caesar besiegt wurden. Die südbayerische sogenannte Heimstettener Gruppe, vor allem der Kelten und Räter im Allgäu, zeigt, dass es aber auch nach der Besetzung eine einheimische Komponente gab, die sich erst sukzessive romanisieren ließ.

Offenbar waren die Alaunen – wie generell das Königreich Noricum als römischer Rohstofflieferant – schon durch die bestehenden Handelsbande mit Rom zu gut ökonomisch vernetzt, bzw. sahen die Flachland-Alaunen auch keine militärische Chance mehr gegen die Römer. Das Königtum in Noricum wurde auch noch bis in die Zeit des Kaisers Claudius (41–52 n. Chr.) belassen und erst dann als eigene römische Provinz deklariert. In dieser Zeit erhielt auch Iuvavo (erstmals um 755 Salzburg benannt) als selbständiges Munizipium das Stadtrecht.

Ein Votivaltar aus Untersberger Marmor, gewidmet dem keltischen Flussgott Bedaius und den Alaunae (Alounis) wurde jedenfalls in Seebruck/Seeon am Nordufer des Chiemsee gefunden. Bedaium war wohl ein Zentrum der dann romanisierten Alaunen.[5][6][7] Eine Goldmünze wurde jüngst in Bedaium am neu entdeckten Hauptplatz, datiert mit 238 n. Chr. gefunden. Der letzte Weihealtar des Bedaius datiert mit 241 n. Chr. Um diese Zeit dürften Alemannen Bedaium zerstört haben. Von den wohl romanisierten bzw. später germanisierten Alaunen ist ab dieser Zeit nichts mehr schriftlich überliefert. Auch in Mannheim und sogar einzelnen französischen Orten fanden sich wenige Votivaltäre des Bedaius. Die können aber auch über Sklaven, Militär, oder einzelne Handels-Sippen dorthin gekommen sein.

Literatur

  • Heinz Dopsch, Robert Hoffmann: Salzburg, Die Geschichte einer Stadt. 2. aktualisierte Auflage, Verlag Anton Pustet, Salzburg 2008, ISBN 978-3-7025-0598-1, S. 32–38.
  • Karl Forstner: Bemerkungen zu den Ambisonten, Alaunen und zu Iuvavum, Iuvarus, und Iu(v)arus. In: MGSLK Nr. 151, Salzburg. 2011, S. 111–126.
  • Johannes Lang: Geschichte von Bad Reichenhall. 2009.
  • Bernd Steidl: Die Einheimischen im frührömischen Bayern. In: Romanisierung und Widerstand. Kelten, Räter und Germanen im frührömischen Bayern. Bayerische Archäologie. Heft 3, 2015. S. 16-
  • Frank Schröder: Eine neue spätlatenezeitliche Kleinsilbermünze vom Pass Lueg im Land Salzburg. In: Durch die Schichten der Zeit! Forschungen des Museums Burg Golling Bd. 1. 2015, S. 65–76.
  • Ursula Schachinger, Holger Wendling: Numismatik einer Salzmetropole. Fundmünzen und Edelmetallguss der Latene- und Römerzeit auf dem Dürrnberg und in Hallein (Salzburg). In: Bayrische Vorgeschichtsblätter, Nr. 84 (2019), S. 171–210.

Einzelnachweise

  1. Claudius Ptolemäus, Geographike Hyphegesis 2,13,2.
  2. Johann Franz Thaddäus von Kleinmayrn: Nachrichten vom Zustande der Gegenden und Stadt Juvavia vor, während, und nach Beherrschung der Römer bis zur Ankunft des heiligen Ruperts und von dessen Verwandlung in das heutige Salzburg. Waisenhausbuchhandlung, 1784, S. 8, § 12 (online).
  3. Johann Christoph Gatterer: Einleitung in die synchronistische Universalhistorie. Verlag der Wittwe Vandenhoeck, Göttingen 1771, Band 2, S. 868.(online)
  4. Gesellschaft für Salzburger Landeskunde: Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde. Band 19, Verlag Die Gesellschaft, 1879, S. 4–7 (online).
  5. Ubi Erat Lupa
  6. Vollmer: Die Römer in Bayern. 1995, S. 515 Abbild. 215.
  7. Römische Vici und Verkehrsinfrastruktur in Raetien und Noricum. Schriftenreihe des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, Nr. 15. 2015.
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