Alan M. Stahl

Alan M. Stahl (* 1947) ist ein Mediävist, der sich auf Münz- und Geldgeschichte sowie die Republik Venedig und ihre Kolonien spezialisiert hat.

Leben

Stahl wurde 1977 an der University of Pennsylvania mit der Dissertation The Merovingian Coinage of the Region of Metz promoviert.[1] Er war von 1980 bis zum Jahr 2000 Kurator der Abteilung für mittelalterliche Münzen der American Numismatic Society. Zugleich lehrte er an der Universität Venedig, und darüber hinaus an den Universitäten von Michigan in Ann Arbor und an der Rice University im texanischen Houston. Derzeit ist er Curator of Numismatics an der Princeton University in New Jersey, wo er auch lehrt.

1985 veröffentlichte er The Venetian Tornesello. A Medieval Colonial Coinage, in dem er minutiös aufzeigen konnte, wie Venedig seinen Kolonien eine Münze aufzwang, die es ermöglichte, die Differenz zwischen dem Realwert und dem vom Senat vorgegebenen Nominalwert des 1353 eingeführten Tornesello zu Lasten seiner Kolonien abzuschöpfen. Nach Stahl erhielt man für einen tornesello 1,6 der in Venedig umlaufenden denari piccoli, während das offizielle Wertverhältnis bei 3:1 lag. Die Münze, die auf diese Art völlig überteuert ausgegeben wurde, verlor dementsprechend bis zum Ende des 15. Jahrhunderts massiv an Wert, doch wurde der Zwang aufrechterhalten und sogar mittels ähnlicher Münzen auf andere Gebiete Venedigs ausgeweitet. Während 1359 ein Dukaten 259 Torneselli entsprach, erhielt man dafür 1466 bereits 792 der Kolonial-Münzen.[2]

Im Jahr 2000 legte Stahl mit Zecca. The Mint of Venice in the Middle Ages erstmals eine Analyse der internen Prozesse einer vormodernen Münzprägestätte vor.

Darüber hinaus ist Alan Stahl Co-director des Michael of Rhodes Project[3] und Mitherausgeber des dreibändigen Book of Michael of Rhodes. A Fifteenth Century Maritime Miscellany, ein Werk, das 2009 erschien. Michele da Rodi, der 1401 als einfacher Ruderer (homo da remo) in der venezianischen Marine begann, und dem es 1422 gelang, zum Assistenten des Flottenführers, also zum armiraio aufzusteigen, womit er den höchsten, nicht dem Adel vorbehaltenen Posten erklomm, begann etwa 1434 sein Leben in einem Manuskript zu beschreiben,[4] das erst 1966 wiederentdeckt wurde. Es dauerte bis zum Jahr 2000, bis der private Besitzer dem Dibner Institute for the History of Science and Technology Zugang zum Manuskript gewährte. Neben seinem auf nur sieben Seiten beschriebenen Leben, das ihn auf 40 Kriegs- und Handelsfahrten bis nach Flandern und Gallipoli und zwei Jahre vor seinem Tod, 1443 nach London führte, hinterließ Michele in diesem Werk handelstechnische und kalendarische Berechnungen, einen Abschnitt zur Astrologie, dann einen der ältesten Portolane und die älteste Abhandlung über den Schiffbau.[5]

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • The Venetian Tornesello. A Medieval Colonial Coinage, New York 1985.
  • Zecca. The Mint of Venice in the Middle Ages, Baltimore 2000.
  • A Prosopography of Venetian Mint Officials, in: Medieval Prosopography 21 (2000) 41–131.
  • The Ostrogothic Coinage in Italy from AD 476, in: Journal of Roman Archaeology 18 (2005) 753–755.
  • mit Pamela O. Long, David McGee (Hrsg.): The Book of Michael of Rhodes. A Fifteenth Century Maritime Miscellany, Cambridge 2009 (vgl. Michalli da Ruodo).
  • Numismatics in the Renaissance, in: Alan M. Stahl, Gretchen Oberfranc (Hrsg.): The Rebirth of Antiquity. Numismatics, Archaeology, and Classical Studies in the Culture of the Renaissance, Princeton 2009, S. 3–26.
  • mit Julian Baker: Coinage and Money in the Morea after the Fourth Crusade, in: Sharon E. J. Gerstel (Hrsg.): Viewing the Morea. Land and People in the Late Medieval Peloponnese, Dumbarton Oaks, Washington 2013, S. 153–186. (academia.edu)
  • The Mint of Venice in the Face of the Great Bullion Famine, in: Le Crisi Finanzierie: Gestione, implicazioni sociali e conseguenze nell’età preindustriale, Fondazione Istituto Internationale di Storia Economica “F. Datini” Prato, Florenz 2016, S. 223–237.

Anmerkungen

  1. Alan M. Stahl: The Merovingian Coinage of the Region of Metz, Louvain-la-Neuve 1982.
  2. Hans-Jürgen Hübner: Quia bonum sit anticipare tempus. Die kommunale Versorgung Venedigs mit Brot und Getreide vom späten 12. bis ins 15. Jahrhundert, Frankfurt u. a. 1998, S. 123–126.
  3. Pamela O. Long, David McGee, Alan M. Stahl (Hrsg.): The Book of Michael of Rhodes. A Fifteenth Century Maritime Miscellany, MIT Press, 2009. Michele verfasste ein zweites Manuskript, das von Annalisa Conterio unter dem Titel Pietro di Versi, Raxion de' marineri. Taccuino nautico del XV secolo veröffentlicht wurde. Englisch erschien dieser Text 1994: John Dotson (Hrsg.): Merchant Culture in Fourteenth Century Venice: the Zibaldone da Canal, Binghamton 1994.
  4. Digitalisat mit italienischer und englischer Transkription bzw. Übersetzung.
  5. The Book of Michael of Rhodes: A Fifteenth-Century Maritime Manuscript, Medievalists.net.
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