Alaksandu
Alakšandu war ein Herrscher des hethitischen Vasallenstaats Wiluša im 13. Jahrhundert v. Chr.
Bekannt ist er aus einem Staatsvertrag, der sich bei den Ausgrabungen in der hethitischen Hauptstadt Ḫattuša unter den Tontafel-Keilschriftfunden des Palastarchives fand, dem sogenannten Alakšandu-Vertrag (CTH 76).[1] In ihm erkennt der Großkönig Muwattalli II. (etwa 1294 v. Chr. bis 1272 v. Chr.) Alakšandu als Vasallen an und versichert ihn seines Schutzes. Ferner geht aus dem Vertrag hervor, dass Alakšandu Nachfolger eines Königs Kukkunni ist, jedoch nicht, ob er Kukkunni unmittelbar auf dem Thron folgte. Von Kukkunni ist aus dem Vertrag bekannt, dass er sich in der Zeit der Arzawa-Kriege nicht gegen Šuppiluliuma I., den Großvater Muwattallis II., wandte, sondern regelmäßig Gesandte an den Hof Ḫattušas schickte.
Schon in den 1920er Jahren hatte vor allem Emil Forrer eine Gleichsetzung des in hethitischen Texten genannten Ortes Taruiša mit Troja[2] und die Identität von Wiluša mit der Stadt (W)Ilion, einer griechischen Alternativbezeichnung von Troja, angenommen.[3] Eine Verbindung des Namens Alakšandu mit dem griechischen Namen Alexandros, den auch Homer in der Ilias sehr oft als Alternativnamen für den Priamos-Sohn Paris verwendet, zog erstmals 1911 Daniel David Luckenbill[4] in Erwägung, Paul Kretschmer vertrat eine Gleichsetzung dann 1924 in einem Artikel ausführlich.[5] Der Herleitung des Namens Alakšandu aus dem Griechischen wurde vor allem durch Ferdinand Sommer widersprochen, u. a. weil nach dessen Meinung die Endung -andros (Mann) in griechischen Personennamen erst ab der archaischen Zeit vorgekommen sei. Sommer hielt den Namen Alakšandu viel eher für kleinasiatisch, Alexandros dagegen für eine gräzisierte Form dieses Namens und verwies darauf, dass in Homers Epen die meisten Personen, deren Name auf –andos endet, Nichtgriechen seien.[6] Inzwischen wurde jedoch in Mykene ein Linear-B-Täfelchen (My 303) entdeckt, auf dem der Personenname a-re-ka-sa-da-ra (=Alexandra)[7][8] steht, weshalb die Gleichsetzung der Namen Alakšandu und Alexandros inzwischen viel Zuspruch erhalten hat.[9]
Literatur
- Susanne Heinhold-Krahmer: Ist die Identität von Ilios mit Wiluša endgültig bewiesen? in: Studi micenei ed egeo-anatolici. 45, 2004, S. 29–57, bes. S. 35 ff.
- Joachim Latacz, Frank Starke: Wilusa und die Großen Vier. Troia in der politischen Landschaft der Späten Bronzezeit. In: Joachim Latacz (Hrsg.): Homers Ilias. Studien zu Dichter, Werk und Rezeption (Kleine Schriften II) (=Beiträge zur Altertumskunde Band 327). De Gruyter, Berlin-Boston 2014, S. 375–400, bes. S. 384–391. ISBN 978-3-11-030619-4. (Hier ist auch eine Übersetzung des Vertrages abgedruckt)
Weblinks
- Joachim Latacz: Wilusa (Wilios/Troia). Zentrum eines Hethitischen Gliedstaates in Nordwest-Kleinasien (2001) (Memento vom 1. Juli 2013 im Internet Archive), S. 1–3. (PDF-Datei; 179 kB)
Einzelnachweise
- Joachim Latacz: Troia und Homer. Der Weg zur Lösung eines alten Rätsels. 6. Auflage. Koehler & Amelang, Leipzig 2010, ISBN 978-3-7338-0332-2, Der Alaksandu-Vertrag, S. 161–166.
- Emil Forrer: Vorhomerische Griechen in den Keilschrifttexten von Boghazöi. MDOG 63, 1924, S. 7. - online-Version
- 1924 verkannte Forrer jedoch noch die Bedeutung von Wilusa und lokalisierte es sehr viel weiter südlich. s. Forrer, ebenda S. 4f.
- Daniel David Luckenbill: A Possible Occurrence of the Name Alexander in the Boghaz-Keui Tablets. In: Classical Philology. 6, 1911, S. 85f.
- Paul Kretschmer: Alakšanduš, König von Viluša. In: Glotta. 13. Band. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1924, S. 205–213, JSTOR:40265107.
- Ferdinand Sommer: Die Aḫḫijava-Urkunden. Abhandlungen der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Phil.-hist. Abt. N.F.6, München 1932, S. 365–370.
- Eintrag bei Paleolexicon
- Ernst Risch: Wortbildung der homerischen Sprache. De Gruyter, Berlin 1973, S. 227.
- vgl. hierzu u. a. Wolf-Dietrich Niemeier: Ḫattusas Beziehungen zu West-Kleinasien und dem mykenischen Griechenland (Aḫḫijawa). In: Gernot Wilhelm (Hrsg.): Ḫattuša-Boğazköy. Das Hethiterreich im Spannungsfeld des Alten Orients. 6. Internationales Colloquium der Deutschen Orient-Gesellschaft 22.–24. März 2006, Würzburg. Harrassowitz, Wiesbaden 2008, S. 296 f.; Wolfgang Röllig: Achäer und Trojaner in hethitischen Quellen? In: Ingrid Gamer-Wallert (Hrsg.): Troia. Brücke zwischen Orient und Okzident. Attempto, Tübingen 1992, S. 193. Etwas vorsichtiger Hans Gustav Güterbock: Troy in the Hittite texts? Wilusa, Ahhiyawa, and the Hittite History. In: John Lawrence Angel: Troy and the Trojan War. A Symposium Held at Bryn Mawr College, October 1984. Bryn Mawr Commentaries, 1986, S. 33 ff.: „... Alasandus may be the Greek name Alexandros.“ (S. 34).