Agakhanovit-(Y)

Das Mineral Agakhanovit-(Y) ist ein sehr selten vorkommendes Ringsilikat aus der Milaritgruppe innerhalb der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ mit der idealisierten chemischen Zusammensetzung (YCa)2KBe3Si12O30. Es kristallisiert im hexagonalen Kristallsystem und entwickelt farblose, prismatische Kriställchen von unter einem Millimeter Größe.[3]

Agakhanovit-(Y)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

2013-090[1]

IMA-Symbol

Agk-Y[2]

Chemische Formel (YCa)2KBe3Si12O30[3]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Silikate und Germanate – Ringsilikate
System-Nummer nach
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)

VIII/E.22-019
Ähnliche Minerale Milarit
Kristallographische Daten
Kristallsystem hexagonal[3]
Kristallklasse; Symbol dihexagonal-dipyramidal; 6/m2/m2/m
Raumgruppe P6/mcc (Nr. 192)Vorlage:Raumgruppe/192[3]
Gitterparameter a = 10,3476 Å; c = 13,7610 Å[3]
Formeleinheiten Z = 2[3]
Häufige Kristallflächen {100}, {001}[3]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 6[3]
Dichte (g/cm3) berechnet: 2,672[3]
Spaltbarkeit nicht beobachtet[3]
Bruch; Tenazität muschelig
Farbe farblos[3]
Strichfarbe weiß[3]
Transparenz durchsichtig[3]
Glanz Glasglanz[3]
Kristalloptik
Brechungsindizes nω = 1,567[3]
nε = 1,564[3]
Doppelbrechung δ = 0,003[3]
Optischer Charakter einachsig negativ[3]

Agakhanovit-(Y) findet sich als späte Abscheidung aus hydrothermalen Lösungen in Miarolen von Yttrium- und Beryllium-reichen, granitischen Pegmatiten. Neben seiner Typlokalität, dem Cleavelandit-Amazonit-Pegmatit in Tørdal, Südnorwegen,[3] sind Yttrium-reiche Milarite bisher nur an wenigen weiteren Lokalitäten nachgewiesen worden: dem Jaguaraçú-Pegmatit (Minas Gerais, Brasilien), den Pegmatiten des Strange Lake Komplex (Québec und Labrador, Kanada)[4] und dem Velká-Skála-Pegmatite (Jihočeský kraj, Tschechien).[5]

Etymologie und Geschichte

Yttrium- und Beryllium-reiche Milarite wurden zuerst 1965 von Oftedal und Sæbø aus Grorud in Norwegen beschrieben.[6] In den 1990er Jahren folgten weitere Funde von Y-Milariten aus Brasilien (Jaguaraçú) und Kanada (Strange Lake), die jedoch chemisch zu inhomogen (zoniert) für die Definition eines neuen Minerals waren.[3][4]

Erst 2011 gelang die Isolierung eines homogenen Yttrium-Milaritkristalles aus dem Pegmatit bei Tørdal, mit dem die vollständige Charakterisierung und 2013 dann die Anerkennung des neuen Y-Be-Minerals Agakhanovit-(Y) durch die International Mineralogical Association (IMA) unter der internen Eingangs-Nr. IMA 2013-090 gelang.[3]

Das Mineral wurde nach dem russischen Mineralogen Atali Akmuradowitsch Agachanow (russisch Атали Акмурадович Агаханов) (* 1971) benannt, der am Mineralogischen Museum der Russischen Akademie der Wissenschaften in Moskau beschäftigt ist. Agachanow forschte über eine Vielzahl pegmatitischer Minerale. Beispielsweise war er an der Untersuchung der Pegmatite am Darai-Pioz-Gletscher im Alaigebirge (Tadschikistan) und der Erstbeschreibung von zwei neuen Mineralen der Milarit-Gruppe beteiligt: Dusmatovit (1996) und Berezanskit (1997).

Klassifikation

Da der Agakhanovit-(Y) erst 2013 von der IMA anerkannt wurde, ist er weder in der seit 1977 veralteten 8. Auflage, noch in der bis 2009 aktualisierten[7] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik aufgeführt. Einzig im Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VIII/E.22-19. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort der Abteilung „Ringsilikate“, wo Agakhanovit-(Y) zusammen mit Almarudit, Armenit, Berezanskit, Brannockit, Chayesit, Darapiosit, Dusmatovit, Eifelit, Emeleusit, Faizievit, Friedrichbeckeit, Klöchit, Lipuit, Merrihueit, Milarit, Oftedalit, Osumilith, Osumilith-(Mg), Poudretteit, Roedderit, Shibkovit, Sogdianit, Sugilith, Trattnerit, Yagiit und Yakovenchukit-(Y) die „Milarit-Osumilith-Gruppe“ (VIII/E.22) mit der Struktur doppelter Sechseringe [Si12O30]12- bildet (Stand 2018).[8]

In der vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchlichen Systematik der Minerale nach Dana ist Agakhanovit-(Y) ebenfalls bisher nicht verzeichnet.[9]

Chemismus

Agakhanovit-(Y) ist das Yttrium-Analog von Oftedalit[3] und bildet eine Mischkristallreihe mit Milarit gemäß der gekoppelten Austauschreaktion:

  • [A]Ca2+ + [T2]Al3+ = [A]Y3+ + [T2]Be2+[4]

Die gemessene Zusammensetzung aus der Typlokalität ist [C]K1.00 [B](H2O)0.92Na0.02 [A](Y0.89Yb0.01Ca1.06)∑1.96 [T2](Be2.93Al0.07)∑3.00 [T1]Si12.02O30, wobei in den eckigen Klammern die Position in der Kristallstruktur angegeben ist.[3]

Neben Yttrium können noch geringe Gehalte weiterer Seltenerdelemente eingebaut werden, vor allem Cer (Ce), Ytterbium (Yb), Dysprosium (Dy), Europium (Eu) und Neodym (Nd).[4] Cer-reiche Milarite, deren Cer-Gehalte diejenigen von Yttrium übersteigen, wurden als Agakhanovit-(Ce) bezeichnet, obwohl eine Beschreibung als eigenständige Spezies noch aus steht[5].

Kristallstruktur

Agakhanovit-(Y) kristallisiert im hexagonalen Kristallsystem in der Raumgruppe P6/mcc (Raumgruppen-Nr. 192)Vorlage:Raumgruppe/192 mit den Gitterparametern a = 10.3476 Å und c = 13.7610 Å sowie zwei Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]

Agakhanovit-(Y) ist isotyp zu Milarit, d. h., es kristallisiert mit der gleichen Struktur wie Milarit.[3]

Die 12-fach koordinierte C-Position ist voll besetzt mit Kalium, die 9-fach koordinierte B-Position halb besetzt mit H2O und geringen Mengen Na. Die oktaedrisch koordinierte A-Position ist voll besetzt mit 1 Ca2+ und 1 Y3+. Die T2-Position enthält neben Beryllium nur kleine Mengen Al3+ und die T1-Position, die die 6er-Doppelringe aufbaut, enthält nur Silizium (Si4+).[3]

Bildung und Fundorte

Agakhanovit-(Y) bildet sich bei niedrigen Temperaturen und Drucken aus hydrothermalen Restlösungen Yttrium- und Beryllium-reicher Pegmatite und findet sich dort meist in Drusen.[3]

Typlokalität ist der Cleavelandit-Amazonit-Pegmatit in Tørdal, Südnorwegen, wo er aufgewachsen auf Milarit oder Kristiansenit zu finden ist.[3][10] Weitere Fundorte sind der Jaguaraçú-Pegmatit in Minas Gerais, Brasilien,[11] die Pegmatite des Strange Lake Komplex in Québec und Labrador, Kanada[12] und der Velká-Skála-Pegmatit in Jihočeský kraj, Tschechien.

Im Jaguaraçú-Pegmatit tritt Yttrium-reicher Milarit zusammen mit Adular, Albit, Hämatit, Muskovit, Quarz und Minasgeraisit auf. In den teilweise pegmatitischen, alkalireichen Granit des Strange Lake Komplex findet er sich in Miarolen zusammen mit Quarz, Albit, Hämatit und Xenotim.[4]

Im Velká-Skála-Pegmatit tritt Agakhanovit-(Y) aufgewachsen auf Yttrium-armen Milarit zusammen mit Kalifeldspat und Quarz auf.[5]

Siehe auch

Literatur

  • Frank C. Hawthorne, Yassir A. Abdu, N. A. Ball, P. Černý, Roi Kristiansen: Agakhanovite-(Y), ideally (YCa)2KBe3Si12O30, a new milarite-group mineral from the Heftetjern pegmatite, Tørdal, Southern Norway: Description and crystal structure. In: American Mineralogist. Band 99, 2014, S. 2084–2088 (englisch, Volltext online verfügbar bei researchgate.net [abgerufen am 20. September 2020]).
  • Peter A. Williams, Frédéric Hatert, Marco Pasero, Stuart J. Mills: IMA Commission on new minerals, nomenclature and classification (CNMNC) Newsletter 18. New minerals and nomenclature modifications approved in 2013. In: Mineralogical Magazine. Band 77, Nr. 6, 2013, S. 3249–3258, doi:10.1180/minmag.2013.077.6.01 (englisch, cnmnc.main.jp [PDF; 163 kB; abgerufen am 20. September 2020]).

Einzelnachweise

  1. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: January 2023. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Januar 2023, abgerufen am 26. Januar 2023 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. Frank C. Hawthorne, Yassir A. Abdu, N. A. Ball, P. Černý, Roi Kristiansen: Agakhanovite-(Y), ideally (YCa)2KBe3Si12O30, a new milarite-group mineral from the Heftetjern pegmatite, Tørdal, Southern Norway: Description and crystal structure. In: American Mineralogist. Band 99, 2014, S. 2084–2088 (englisch, Volltext online verfügbar bei researchgate.net [abgerufen am 20. September 2020]).
  4. P. Černý, F.C. Hawthorne, J.J. Jambor, J.D. Grice: Yttrian milarite. In: The Canadian Mineralogist. Band 29, 1991, S. 533–542 (ruff.info [PDF; 992 kB; abgerufen am 20. September 2020]).
  5. M. Novák, J. Cícha, R. Čopjaková, R. Škoda, M. Vašinová Galiová: Primary (magmatic?) and hydrothermal milarite-group minerals from the Velká skála pegmatite, Písek pegmatite district, Czech Republic. In: Second Eugene E. Foord Pegmatite Symposium, July 15-19, 2016 Colorado School of Mines campus, Golden, Colorado. Juli 2016, S. 7072 (englisch, researchgate.net [PDF; 17,2 MB; abgerufen am 20. September 2020]).
  6. Ivar Oftedal, P. Chr Sæbø: Contributions to the mineralogy of Norway. 30. Minerals from nordmarkite druses. In: Norsk Geologisk Tidsskrift. Band 45, 1965, S. 171–175 (englisch, foreninger.uio.no [PDF; 403 kB; abgerufen am 20. September 2020]).
  7. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,82 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 20. September 2020 (englisch).
  8. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  9. David Barthelmy: New Dana Classification of Silicates. In: webmineral.com. Abgerufen am 20. September 2020 (englisch).
  10. Heftetjern pegmatite, Tørdal, Drangedal, Telemark, Norway. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 20. September 2020 (englisch).
  11. Jaguaraçu pegmatite (José Miranda mine; José Pinto mine; Carneirinho mine), Jaguaraçu, Minas Gerais, Brazil. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 20. September 2020 (englisch).
  12. Strange Lake complex (Lac Brisson complex), Québec & Newfoundland and Labrador, Canada. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 20. September 2020 (englisch).
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