Adventisten
Als Adventisten (von lateinisch adventus ‚Ankunft‘) (anfangs Milleriten genannt) werden Mitglieder einer freikirchlichen Konfessionsfamilie bezeichnet, die Anfang des 19. Jahrhunderts in den USA ihren Ursprung hatte. Da deren Gründer Baptisten, Methodisten[1] und Christian Connection[2] waren, vertreten auch Adventisten arminianische Glaubensüberzeugung, d. h. dass sie die calvinistische Prädestinationslehre ablehnen und den freien Willen des Menschen zur Annahme der Erlösung durch Jesus Christus im Glauben befürworteten. Weiterhin setzen sich Adventisten für Religionsfreiheit und die Trennung von Staat und Kirche ein.
Zentrales Merkmal ihrer Lehre ist der zweite Advent, d. h. die nahe Wiederkunft Jesu Christi. Weitere wichtige Lehrpunkte befassen sich mit der Heiligung des Sabbats, dem an verschiedenen Stellen der Bibel verordneten Ruhetag am Ende der Woche, sowie mit einer Lebensweise, die sich an den alttestamentlichen Speisevorschriften orientiert. Auch wird in der Regel der Kriegsdienst verweigert. Eine weitere besondere Lehre ist die Ablehnung der Unsterblichkeit der Seele und der ewigen Höllenqual.
Adventisten haben einen großen Fokus auf eine gesunde Lebensweise, da sie in ihrer Entstehung eng mit der Mäßigkeitsbewegung verbunden waren. Heutzutage gibt es zahlreiche adventisch getragene Gesundheits-, Bildungs- und Sozialeinrichtungen.
Mit 21,9 Millionen weltweiten Mitglieder der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten im Jahr 2022[3] gelten Adventisten weltweit als größte sabbathaltende Gruppe, sogar noch größer als das Judentum mit 15,25 Millionen Mitgliedern im selben Jahr.[4]
Geschichte
Der baptistische Prediger William Miller (1782–1849) aus Pittsfield, Massachusetts, berechnete auf der Grundlage der apokalyptischen Zeitangaben des Buches Daniel und einiger Jesusworte im Neuen Testament (besonders Matthäus 24 ) den Zeitpunkt der Wiederkunft Christi zunächst für den Herbst 1843, sodann für den 21. März 1844 und schließlich für den 22. Oktober 1844. Er fand viele Anhänger in den unterschiedlichsten Kirchen, auch aufgrund des großen Meteoritenschauers des Jahres 1833, den Miller auf Matthäus 24 bezogen hatte. Viele mussten aufgrund ihres Glaubens an die unmittelbar bevorstehende Wiederkunft ihre angestammten Kirchen verlassen. Nach dem Ausbleiben dieses Ereignisses zerfiel die nach Miller benannte Bewegung in verschiedene Gruppierungen, die auch theologisch unterschiedliche Richtungen einschlugen. Adventisten nahmen von konkreten Datierungen Abstand, halten aber daran fest, Jesus werde zurückkehren.
Die Lehre des Sabbats wurde erstmals von Mitbegründer Joseph Bates vertreten, der von einem Flugblatt der Siebenten-Tags-Baptisten überzeugt wurde.
Von 1954 bis 1973 wurde von der US Army die Operation Whitecoat durchgeführt, bei der viele Adventisten als Kriegsverweigerer freiwillig teilnahmen. Ziel war es, einen Einsatz von biologischen Waffen gegen Streitkräfte und Zivilisten abwehren zu können. Dabei wurden beispielsweise die Effektivität von Antibiotika und Impfungen getestet.
Adventistische Kirchen und Glaubensgemeinschaften (Auswahl)
Die adventistische Bewegung hat im Lauf ihrer Geschichte eine große Zahl unterschiedlicher Glaubensgemeinschaften hervorgebracht. Nicht alle verweisen darauf in ihrem Namen. Einige der neu entstandenen Gemeinschaften versuchen, zu den ursprünglichen Lehren zurückzukehren und verstehen sich als Reformadventisten. Andere distanzieren sich vom alten adventistischen Glaubensgut und sehen sich heute als eine der vielen evangelischen Freikirchen. Manche der aus dem Adventismus hervorgegangenen Gruppierungen haben sich zu exklusiven religiösen Gemeinschaften entwickelt.
Einige aus dem Adventismus entstandene Gemeinschaften sind:
- Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten (STA): eine 1863 von der unter anderem wegen ihrer Visionen einflussreichen Ellen G. White mitbegründete Kirche, die nach eigenen Angaben Ende 2021 knapp 22 Millionen Mitglieder zählte.[5] Ihr Unterscheidungsmerkmal gegenüber anderen Religionsgemeinschaften ist in erster Linie die Einhaltung des Sabbats als Ruhetag.
- Gemeinde Gottes des siebenten Tages: nichttrinitarische, 1863 in den USA gegründete Gemeinschaft, die Ellen G. White als Prophetin ablehnte und sich deshalb von den Siebenten-Tags-Adventisten abspaltete.
- Reformadventisten: entstanden zu Beginn des Ersten Weltkriegs, nachdem die Leitung der Mutterkirche zum Kriegsdienst aufgerufen und Bibelgläubige, die an der adventistischen Ablehnung des Krieges festhielten, ausgeschlossen und teils auch den staatlichen Organen zur Bestrafung ausgeliefert hatte. Die damals Ausgeschlossenen gründeten 1919 die Internationale Missionsgesellschaft der Siebenten-Tags-Adventisten, alte seit 1844 stehengebliebene Richtung. Die Organisation wurde 1921 in Internationale Missionsgesellschaft der Siebenten-Tags-Adventisten, Reformationsbewegung umbenannt. Neben dieser gibt es noch eine weitere, von dieser 1951 abgespaltene unabhängige Reformadventisten-Gemeinde, die Gemeinschaft der Siebenten-Tags-Adventisten Reformationsbewegung e. V.
- Weltweite Kirche Gottes (WKG) bzw. Vereinte Kirche Gottes: 1933 maßgeblich auf das Wirken von Herbert W. Armstrong zurückzuführende Kirche mit insgesamt circa 100.000 Mitgliedern. Die Weltweite Kirche Gottes gab Mitte der 1990er-Jahre die meisten ihrer bis dahin typischen Sonderlehren wie Sabbatruhe, Feiern jüdischer Feste, Zehntpflicht auf.
- Sabbatruhe-Advent-Gemeinschaft in Dickendorf, die 1954 von Frederik T. Wright in Australien gegründet wurde und heute in Europa ca. 100–150 Mitglieder hat, die meisten davon in Deutschland. Sie unterhalten Live2Give gGmbH mit Mulch-Gemüseanbau, einem Biohofladen, Bäckerei und Arzt-, Physio- und Ergotherapiepraxen.[6]
- Missionsgesellschaft zur Erhaltung und Förderung adventistischen Glaubensgutes (MEFAG): eine 1987 in Deutschland gegründete adventistische Splittergruppe mit Sitz in Berlin. Diese und ihre Abspaltungen arbeiten unter dem Namen Historische Adventisten.
Literatur
- Martin Schmidt, Josef Butscher: Adventisten. In: Theologische Realenzyklopädie (TRE). Band 1, de Gruyter, Berlin / New York 1977, ISBN 3-11-006944-X, S. 454–462.
- Friedrich Loofs: Adventisten. In: Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche (RE). 3. Auflage. Band 1, Hinrichs, Leipzig 1896, S. 191–198.
Weblinks
- Linkkatalog zum Thema Adventisten bei curlie.org (ehemals DMOZ)
- Anna Giordano: Adventisten. In: Religion und Glaube in Bayern. Weltanschauungen von A bis Z. Bayerischer Rundfunk, 12. Juli 2016, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 21. April 2019 .
Einzelnachweise
- A. Gregory Schneider: The Methodist Connection to Adventism. Spectrum, 12. November 1996, S. 26, abgerufen am 11. Dezember 2023 (englisch).
- Bert Haloviak: OUR SEVENTH-DAY ADVENTIST HERITAGE FROM THE CHRISTIAN CHURCH. General Conference Archives, Mai 1994, abgerufen am 11. Dezember 2023 (englisch).
- Adventisten: Wachstum weltweit, aber Rückgang in Deutschland. Abgerufen am 11. Dezember 2023 (deutsch).
- Anzahl der Juden weltweit von 1945 bis 2022. Abgerufen am 11. Dezember 2023.
- Daniel Bogdanov: Seventh-Day Adventist World Church Statistics. Abgerufen am 19. Februar 2023 (amerikanisches Englisch).
- Oswald Eggenberger: . Hrsg.: Georg Schmidt, Georg Otto Schmid. 6. Auflage. Theologischer Verlag Zürich, 2003, ISBN 978-3-290-17215-2, S. 167.