Adolf Knappwost

Adolf Knappwost (* 29. April 1913 in Hannover; † 1. Juni 2007 in Alfeld (Leine)) war ein deutscher physikalischer Chemiker. Er wurde vor allem bekannt durch seine Forschung für alternative Behandlungsmethoden in der Zahnmedizin. Von ihm stammt unter anderem das endodontische Verfahren zur Depotphorese, welche als Alternative zur klassischen Wurzelbehandlung zu sehen ist.

Adolf Knappwost

Leben

Knappwost studierte 1932 bis 1938 Physik und Chemie an den Technischen Hochschule in Hannover als Stipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes. Nach seiner Promotion 1940 bei Hans Nowotny an der TH Karlsruhe wurde er nach nur kurzer Kriegszeit 1942 an das Kaiser-Wilhelm-Institut für Metallforschung in Stuttgart beurlaubt. Daneben habilitierte er 1943 in Karlsruhe. 1945 wurde er Mitarbeiter des Institut de Recherches Scientifique Tettnang.

An der Universität Tübingen leitete Knappwost ab 1948 den Aufbau einer Abteilung für Physikalische Chemie und Werkstoffkunde am Zahnärztlichen Institut, das unter der Leitung von Hans-Hermann Rebel stand. Neben Forschungsarbeiten zur Iontophorese in der Endodontie widmete er sich der Kariesprophylaxe, speziell der Kariesprophylaxe mit Fluoriden. Bereits 1950 war er, ähnlich wie zuvor schon Walter Drum und Hans Joachim Schmidt, überzeugt: „Wir brauchen keine Versuche mehr abzuwarten, sondern wir brauchen die Einsicht, dass unsere Zivilisationsernährung zu fluorarm ist.“[1] Seine grundlegenden Erkenntnisse auf dem Gebiet der Kariesforschung führte er in der Resistenztheorie zusammen.[2][3] Nachdem sich Silikatzement-Füllungen aufgrund ihres Fluoridgehalts[4] als schädlich für die Pulpa erwiesen hatten, entwickelte Knappwost Unterfüllungen zum Pulpaschutz, die er sich patentieren ließ.[5][6][7] Daneben entwickelte er eine so genannte „Fluorbüchse“, die im Haushalt an den Wasserhahn angeschlossen werden kann um dem Wasser eine für die Kariesprophylaxe günstige Fluorid-Konzentration beizumischen.[8] Sein für die Firma Kauvit Chemische Fabrik GmbH in Sulzbach-Rosenberg entwickeltes fluoridversetzes Kaugummi zur Kariesprophylaxe[9] wurde auf Anregung der Deutschen Fluorkommission ab Februar 1954 bei Bäckerlehrlingen in Ludwigshafen getestet. Die Firma Kauvit stellte dafür 15.000 Blättchen des „fluorhaltigen Karivit“ zur Verfügung.[10] 1953 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der Europäischen Arbeitsgemeinschaft für Fluorforschung und Kariesprophylaxe (ORCA).[11] Für seinen 1957 bei der ORCA-Versammlung in Malmö gehaltenen Vortrag[12] erhielt er 1958 neben Yngve Ericsson und Regierungs-Chemierat K. E. Quentin den ORCA-Rolex-Preis (eine der 30 von Rolex 1956 gestifteten goldenen Rolex-Uhren).[13]

Als ein Nachfolger des Nobelpreisträgers Otto Stern erhielt Knappwost 1960 den Ruf auf das Ordinariat des Instituts für Physikalische Chemie der Universität Hamburg. Dort blieb er Direktor bis zur Emeritierung 1981 und betreute zum Teil zahnmedizinische Doktoranden, darunter einige, die später auch habilitierten.

Für seine Arbeiten in der Zahnmedizin wurde er 1984 von der Eberhard-Karls-Universität Tübingen zum Ehrendoktor der Zahnmedizin ernannt. Neben der ORCA, ernannten mehrere Stomatologische Gesellschaften den Physiko-Chemiker zu ihrem Ehrenmitglied, darunter 1955 die jugoslawische Gesellschaft für Stomatologie (auch Marschall Tito war mit einem Vorläufer der Depotphorese erfolgreich behandelt worden) und 1988 die russische Gesellschaft für Stomatologie.

Weitere Forschungsgebiete außerhalb der Zahnmedizin waren die Tribologie, der Magnetismus, aber auch andere medizinische Phänomene, wie z. B. die Auflösung von Nierensteinen.

Knappwost stand auf mehreren internationalen Berufungslisten – darunter Wien und Graz – und hat Rufe diverser Universitäten, z. B. Ohio State, Düsseldorf und Jena abgelehnt.

Nach seiner Emeritierung war er als wissenschaftlicher Berater für die Firma Humanchemie GmbH in Alfeld tätig.

Ehrungen

  • 1955: Ernennung zum Ehrenmitglied der Stomatologischen Gesellschaft von Jugoslawien
  • 1958: Verleihung des ORCA-Preises für seinen 1957 in Malmö gehaltenen Vortrag zum Phosphat/Silikat-Austausch im Apatit
  • 1984: Verleihung der Ehrendoktorwürde Dr. h. c. med. dent. von der zahnmedizinischen Fakultät der Universität Tübingen für seine bahnbrechenden Arbeiten auf dem Gebiet der Zahnmedizin
  • 1998. Ernennung zum Ehrenmitglied der Stomatologischen Gesellschaft von Russland

Literatur

  • A. Knappwost: Das Fluorion als natürlicher Baustein der Zahnhartsubstanz. Zymafluor Résumé Nr.3, Zyma AG, Nyon; Zahnärztl. Praxis Nr. 12 (1950) 42
  • A. Knappwost: Zur Kinetik der Bildung von Hydroxylapatitdeckschichten (Remineralisation) auf Zahnschmelzoberflächen. In: Zeitschrift für Elektrochemie und angewandte physikalische Chemie. Band 55, 1951, S. 586–590.
  • A. Knappwost: Langdauernde Ionophorese mit einem galvanischen Stiftelement. In: DZZ – Deutsche Zahnärztliche Zeitschrift / German Dental Journal. Band 6, 1951, S. 63
  • A. Knappwost: Grundlagen der Resistenztheorie der Karies mit einem Beitrag über die karieshemmende Wirkung peroraler Fluorgaben. Deutsche Zahnärztl. Zeitschr. 7:Nr. 12 (Juni 1952) 670
  • A. Knappwost: Zur Kenntnis der lokalen Fluoridierung durch Fluoride, Fluorsilikate und fluoridierte Zahnpasten. In: DZZ – Deutsche Zahnärztliche Zeitschrift / German Dental Journal. Band 7, Nr. 12, 1952, S. 681–692
  • A. Knappwost: Die Grundlagen des Depot-Ionophoreseverfahrens. In: DZZ – Deutsche Zahnärztliche Zeitschrift / German Dental Journal. Band 7, 1953, S. 359–370
  • A. Knappwost: Die Wurzelbehandlung als physikalisch-chemisches Problem. In: DZZ – Deutsche Zahnärztliche Zeitschrift / German Dental Journal. Band 10, 1955, S. 756
  • A. Knappwost, E. Effinger: Experimentelle Untersuchungen zur Resistenztheorie der Karies. In: DZZ – Deutsche Zahnärztliche Zeitschrift / German Dental Journal. Band 11, Nr. 12, 1956, S. 669–678
  • A. Knappwost, J. Westendorf: Fluorionen-Aufnahme und Vagotonie. Über die Hemmung der Acetylcholinesterase durch Fluor-Ionen. Naturwissenschaften 60 (1973) 353
  • A. Knappwost, J. Westendorf: Zur Hemmung der Acetylcholinesterase durch Fluorid. Naturwissenschaften 61 (1974) 274
  • A. Knappwost, J. Westendorf: Hemmung von Cholinesterasen durch Fluorokomplexe des Siliciums und des Eisens. Naturwissenschaften 61 (1974) 275
  • R. Fraber, A. Knappwost, H.G. Rudelt: Simulationsversuche zur Depotphorese. In: DZZ – Deutsche Zahnärztliche Zeitschrift / German Dental Journal. Band 32, 1977, S. 460–462
  • A. Knappwost: Neue Entwicklungen zur Depot-Ionophorese von Kupferverbindungen. In: DZZ – Deutsche Zahnärztliche Zeitschrift / German Dental Journal. Band 32, 1977, S. 463–465
  • A. Knappwost: Mineralische Schmelzversiegelung zur Kariesprophylaxe, ihre Grundlagen und Möglichkeiten. In: DZZ – Deutsche Zahnärztliche Zeitschrift / German Dental Journal. Band 33, 1978, S. 192–195
  • A. Knappwost: Das Depotphorese-Verfahren mit Kupfer-Calciumhydroxid, die zur systematischen Ausheilung führende Alternative in der Endodontie. In: ZWR – Das Deutsche Zahnärzteblatt. Band 9, 1993, S. 618–624
  • A. Knappwost: Die Cupral-Depotphorese, ein anderes Prinzip in der Endodontie. In: Stomatologie. September 2002, S. a30–a35
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Einzelnachweise

  1. A. Knappwost: Das Fluorion als natürlicher Baustein der Zahnhartsubstanz. Zahnärztl. Praxis Nr. 12 (1950) 42 und Zymafluor Résumé Nr.3, Zyma AG, Nyon. Beilage im Zyma-Journal, Juni 1950.
  2. A. Knappwost: Vortrag bei der Zahnärztetagung in Ulm vom 15.–17. Juni 1951. Zahnärztl. Welt 6:Nr. 14 (1951) 343–344
  3. A. Knappwost: Grundlagen der Resistenztheorie der Karies mit einem Beitrag über die karieshemmende Wirkung peroraler Fluorgaben. Deutsche Zahnärztl. Zeitschr. 7 (1952) 670
  4. P.Heyden: Experimentelle Untersuchungen zur Frage der Pulpenschädigung durch Fluor. Stoma Nr.3 (1949); Experimentelle Untersuchungen zum Nachweis von durch Wasser extrahierbarem Fluor im abgebundenen Silikat. Stoma Nr. 3 (1950) 197; sowie frühere Arbeiten aus den USA
  5. A. Knappwost: Underfilling material for tooth fillings. US-Patent 2,656,277 vom 20. Okt. 1953, einger. am 14. Dezember 1950
  6. A. Knappwost: Verfahren zur Herstellung eines klebefähigen Unterfüllungsmaterials für Zahnfüllungen auf Calciumhydroxydbasis. Deutsches Patent 847185, vom 21. August 1952, einger. am 21. Dezember 1949
  7. A. Knappwost: Verfahren zur Herstellung alkalischer Zemente für zahnärztliche Zwecke. Deutsches Patent 858296, vom 4. Dezember 1952, einger. am 12. August 1951
  8. H. Schlegel: Weitere Gesichtspunkte zur Fluormedikation als Kariesprophylaxe. Zahnärztl. Mitteil. 40 (1952) 11
  9. A. Knappwost: Verfahren zur Herstellung von Zahnpflegemitteln. Deutsches Patent 1014290, vom 22. August 1957, einger. am 9. Dezember 1952
  10. Deutsche Fluorkommission. Zahnärztl. Mitteil. 42 (1954) 235
  11. Duschner H.: Early History of ORCA
  12. Rudolf Jeanneret: 4. Tagung der ORCA in Malmö (14. bis 17. Juni 1957). Schweizerische Monatsschrift für Zahnheilkunde 67 (1957) 1167
  13. Else Mann: Feldzug gegen die Zahnkaries. Bericht über den 5. Orca-Kongreß in Brüssel vom 29.5.58 bis 2.6.58. Zahnärztliche Welt/Reform 59 (1958) 428
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