Adolf Just
Adolf Just (* 8. August 1859 in Lüthorst; † 20. Januar 1936 in Starnberg)[1] war ein deutscher Buchhändler, Naturheilkundler und Verfechter der „streng fleischlosen Kost“.[2] Er war Gründer der Kuranstalt Jungborn bei Stapelburg im Eckertal des Harzes.
Leben und Werk
Geboren als ältestes von zwölf Kindern wuchs Just in Lüthorst in einem kleinen Landwirtschaftsbetrieb mit Gasthaus auf. Auf Anraten des Ortspastors Georg Kleine besuchte er das Realgymnasium in Goslar, wo er das Abitur ablegte. Er begann in Leipzig eine Lehre zum Buchhändler und wechselte 1882 in die Braunschweiger Buchhandlung Graff.[3] Er erkrankte wenige Jahre später an einem Nervenleiden, das vergeblich mit schulmedizinischen Methoden behandelt wurde. Er wandte sich im Selbststudium verschiedenen Naturheilverfahren zu, nahm an diversen Kneippkuren teil, vertraute sich als Patient dem „Sonnendoktor“ Arnold Rikli an und lernte in Veldes „Lufthütten“ kennen, woraus seine „Lichtlufthütten“[4] entstanden. Zudem wurde er Vegetarier und verzichtete konsequent auf Zucker und Salz.[3] Durch seine Erfahrungen wurde er zum Laienmediziner. Als ein Heilmittel empfahl er Lösserde, die heute noch als Naturheilmittel angeboten wird.
Im Eckertal bei Stapelburg im Harz kaufte Adolf Just am 25. September 1895 das historische Gasthaus Eckerkrug zusammen mit 14 Morgen Wiese, um dort kurze Zeit später die Kuranstalt Jungborn zu gründen.[5] „Am 1.4.1896 erfolgte der erste Spatenstich“.[6] Der 20. Juni 1896 galt als Tag der Eröffnung.[7] Der Name „Jungborn“ ist angelehnt an den mythologischen Begriff Jungbrunnen.[6] Das Tal liegt „geschützt an der Leeseite des Harzes mit entsprechend mildem Klima“.[6] Die Kuranstalt baute auf eine „planmäßige Krankenernährung nur mit Beeren, rohem Obst, Nüssen, Vollkornbrot, roher Süß- und Sauermilch sowie Milcherzeugnissen“.[2] Zahlreiche Prominente besuchten den Jungborn zur Erholung und Entspannung. Die Abgeschiedenheit der Kuranstalt nutzten Schauspieler wie Marika Rökk, Viktor de Kowa und Hans Albers sowie der Schriftsteller Franz Kafka, der hier im Juli 1912 drei Wochen verweilte[8] und an der Konzeption des „Verschollenen“ arbeitete[9]. Kafka soll im Jungborn seine Schreibkrise überwunden haben.[10] Ende der 1920er-Jahre war die Unterbringung von 250 Kurgästen möglich.[11]
1897 besuchte der als „Lehmpastor“ berühmt gewordene Emanuel Felke den Jungborn und war so beeindruckt, dass er nach seiner Rückkehr in Repelen bei Moers und später in Bad Sobernheim einen ähnlichen Jungborn gründete.[12]
Seine seit seiner Jugend bestehende „Nervenschwäche“ zwang ihn 1908, die Leitung seiner Licht-Luft-Heilanstalt niederzulegen.[13][14]
1918 gründete Just in Blankenburg (Harz) die Heilerde-Gesellschaft Luvos Just GmbH, Blankenburg/Harz, die heute noch in Friedrichsdorf Heilerde herstellt.[15] Die auch vom rheinpfälzischen Sobernheim aus angebotene Luvos-Heilerde Justs war eine Weiterentwicklung des Bolus albus.[16]
Adolf Justs Hauptwerk „Kehrt zur Natur zurück !“ erschien erstmals 1896 im Verlag A. Graff in Braunschweig. Das Buch wurde in Deutschland bis 1930 in zwölf Auflagen und etwa 50.000 Exemplaren aufgelegt und dabei regelmäßig „bedeutend vermehrt“ oder „wesentlich erweitert und vervollkommnet“.[17]
Der Originaltitel der 1. Auflage lautete: „Kehrt zur Natur zurück! Die naturgemässe Lebensweise als einziges Mittel zur Heilung aller Krankheiten und Leiden des Leibes, des Geistes und der Seele. Das naturgemäße Bad, Licht und Luft in ihrer Anwendung im vollen Sinne der Natur, Die Erdkraft als wichtigstes Heilmittel der Natur, Naturgemässe Ernährung“ und erschien bei A. Graff in Braunschweig.[18]
Das 100. Gründungsjubiläum der Heilerde-Gesellschaft Luvos Just fand am 9. Juni 2018 auf dem Gelände der ehemaligen Kuranstalt Jungborn statt.[19]
Wirken in weiteren Ländern
Justs Buch wurde in die Sprachen Englisch, Italienisch, Spanisch, Französisch, Hindi und Telugu übersetzt.[20] und beeinflusste sogar Gandhis Ideen[21] Gandhi las Justs „Kehrt zur Natur zurück !“ und erzielte mit der Erdbehandlung „wundervolle Ergebnisse“.[22] Er war von Justs Methoden so beeindruckt, dass er 1933 einen seiner Schüler in den Jungborn entsandte, „um sich ein Bild von der Naturheilanstalt sowie den dort angewandten Heilmethoden zu machen“.[23] In Indien kam es zur Gründung eines heute noch bestehenden Naturheilhospitals bei Pune.[24]
Eine amerikanische Version des Jungborn wurde vom Just-Jünger Benedict Lust[25] in den Ramapo Mountains in dem Ort Butler in New Jersey gegründet,[26] die er in Anlehnung an Justs Namensgebung „Yungborn“ nannte.[27] Lust übersetzte 1903 das Buch „Kehrt zur Natur zurück!“ unter dem Titel Return to Nature; the True Natural Method of Living and Healing and the True Salvation of the Soul: Paradise Regained[26] ins Englische und hatte so wesentlichen Anteil daran, dass Justs Ideen im englischsprachigen Raum bekannt wurden.[27]
Schriften
- Kehrt zur Natur zurück! Die wahre naturgemäße Heil- und Lebensweise. Wasser, Licht, Luft, Erde, Früchte und wahres Christentum. Stapelburg 1896 (Volltext in englischer Übersetzung (PDF; 2,4 MB)).
- Jungborn-Echo. Kurze Geschichte des Jungborn, besonders interessante Urteile, Berichte, Artikel und wichtige Kurberichte. 1904.
- Der Jungborn-Tisch. Ein neues, einfaches, vegetarisches Kochbuch. 1905.
- Die Hilfe auf dem Wege! Geistes- und Seelenleben. 1907.
- Der Kampf um die Wahrheit. Die naturgemäße Lebensweise (Erde und Lehm) vor Gericht. 1907.
- Die naturgemäße Heilweise in kurzer Darstellung. Das Heil des Menschen für Leib, Geist und Seele. 1913.
- Die Heilerde, das alte Natur- und Volksheilmittel und seine wunderbaren Heilerfolge bei innerer und äußerer Anwendung. Die ganze wahre naturgemäße Heilweise auf christlicher Grundlage. 1919.
- Die Erde als Heilmittel. Das alte Natur- und Volksheilmittel und seine wunderbaren Heilerfolge bei innerer und äußerer Anwendung. Die wahre naturgemäße Heilweise auf christlicher Grundlage. 1921.
Literatur
- Alfred Brauchle: Rückkehr zum Paradies. Der Buchhändler Adolf Just. In: ders.: Geschichte der Naturheilkunde in Lebensbildern. 2. erweiterte Auflage von Große Naturärzte. Reclam, Stuttgart 1951, S. 297–302.
- Uwe Heyll: Wasser, Fasten, Luft und Licht. Die Geschichte der Naturheilkunde in Deutschland. Campus, Frankfurt am Main 2006, ISBN 3-593-37955-4, S. 165 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Sabine Merta: Wege und Irrwege zum modernen Schlankheitskult. Diätkost und Körperkultur als Suche nach neuen Lebensstilformen 1880–1930. Franz Steiner, Stuttgart 2003, ISBN 3-515-08109-7, S. 49 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Andrea Schrickel: Adolf Just (1859–1936). Ein bedeutender Vertreter der Naturheilkunde im 19. und frühen 20. Jahrhundert, Begründer der Naturheilanstalt „Jungborn“ in Stapelburg/Harz sowie der Heilerde-Gesellschaft Luvos Just GmbH Blankenburg/Harz. 2011 (med. Dissertation, Universität Magdeburg, 2012).
- Andrea Schrickel: Adolf Just. Ein bedeutender Vertreter der Naturheilkunde. 2. Auflage. Verlag Heilerde-Gesellschaft Luvos Just GmbH & Co. KG, Friedrichsdorf 2016, ISBN 978-3-00-053055-5.
Weblinks
- Literatur von und über Adolf Just im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Adolf Just – Wiederentdecker der Heilerde, Informationen der Firma Luvos über ihren Gründer und den Jungborn
- Förderverein Jungborn Harz
- Tino Nowitzki: Jungborn: Nackt-Wellness in der Kaiserzeit bei ndr.de vom 10. Juni 2018
Einzelnachweise
- Andrea Schrickel: Adolf Just (1859–1936). Ein bedeutender Vertreter der Naturheilkunde im 19. und frühen 20. Jahrhundert, Begründer der Naturheilanstalt „Jungborn“ in Stapelburg/Harz sowie der Heilerde-Gesellschaft Luvos Just GmbH Blankenburg/Harz. 2011 (med. Dissertation, Universität Magdeburg, 2012), S. 169.
- Rudolf Just (Bruder des Adolf Just und Leiter der Kuranstalt Jungborn): Das Jungborn-Kochbuch. Natürliche Ernährung und Krankenkost. 2. Auflage. Dyk, Leipzig 1939, S. 9.
- Georg Ruppelt: Just's Lichtlufthütte. In: Eva-Maria Bast, Georg Ruppelt (Hrsg.): Braunschweiger Geheimnisse – 50 spannende Geschichten aus der Löwenstadt. Braunschweiger Zeitung mit Bast Medien GmbH, Überlingen 2017, ISBN 978-3-946581-22-2, S. 153–155.
- Gundolf Keil: Robert Koch (1843–1910). Ein Essai. In: Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung. Band 36/37, 2017/2018 (2021), S. 73–109, hier: S. 104 f.
- Schrickel 2011, S. 91.
- Schrickel 2011, S. 92.
- Schrickel 2011, S. 95.
- Klaus Wagenbach: Franz Kafka, Bilder aus seinem Leben, S. 124
- Klaus Wagenbach: Franz Kafka, Bilder aus seinem Leben, S. 127
- Schrickel 2011, S. 181 unter Verweis auf Stefan Klein: Wie Franz Kafka am Nordrand des Harzes seine Schreibkrise überwand. Aufstieg und Fall der größten deutschen Naturheilanstalt. 6. Dezember 2003 (PDF).
- Schrickel 2011, S. 173.
- Schrickel 2011, S. 44 f.
- Karl Eduard Rothschuh: Naturheilbewegung, Reformbewegung, Alternativbewegung. Stuttgart 1983; Nachdruck Darmstadt 1986, S. 94–96.
- Robert Jütte: Geschichte der Alternativen Medizin. Von der Volksmedizin zu den unkonventionellen Therapien von heute. C.H. Beck, München 1996, ISBN 3-406-40495-2, S. 138–140.
- Heilerde-Gesellschaft, Website von Luvos, abgerufen am 4. März 2017.
- Gundolf Keil: Robert Koch (1843–1910). Ein Essai. In: Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung. Band 36/37, 2017/2018 (2021), S. 73–109, hier: S. 105.
- Schrickel 2011, S. 253 f.
- Schrickel 2011, S. 253.
- Jungbornfest. In: Brigitte Tast, Hans-Jürgen Tast: Deutschlandreise. Ein Ausstellungsalbum. Kulleraugen Visuelle Kommunikation Nr. 51. Schellerten 2018. ISBN 978-3-88842-051-1. S. 47ff.
- Schrickel 2011, S. 256.
- Savitā Siṃha: Global Concern with Environmental Crisis and Gandhi’s Vision. A.P.H., New Delhi 1999, ISBN 81-7648-059-2, S. 61.
- M.K. Gandhi: Eine Autobiographie oder Die Geschichte meiner Experimente mit der Wahrheit, Union Verlag Berlin, 1. Auflage 1982, S. 314
- Schrickel 2011, S. 180.
- History & Principles of Naturopathy. (Memento vom 1. Januar 2011 im Internet Archive) In: NatureCureIndia.info.
- June O. Leavitt: The Mystical Life of Franz Kafka: Theosophy, Cabala, and the Modern Spiritual Revival, Oxford University Press, 2012, S. 158f.
- June O. Leavitt, S. 159
- Andrea Schrickel: Adolf Just. Ein bedeutender Vertreter der Naturheilkunde. 2. Auflage, 2016, S. 275