Adefovir

Adefovir ist ein Virostatikum, das Hepadnaviren hemmt und deswegen als Arzneistoff in der Behandlung der chronischen Hepatitis B verwendet wird. Chemisch handelt es sich um ein Nukleotid-Analogon des Adenins, das aufgrund seiner strukturellen Verwandtschaft mit dem natürlichen Substrat an dessen Stelle in die Virus-DNA eingebaut wird und infolge die Vermehrung der Hepatitis-B-Viren (HBV) hemmt. Die Senkung der Viruslast verringert eine Leberschädigung.

Strukturformel
Strukturformel von Adefovir
Allgemeines
Freiname Adefovir
Andere Namen

[2-(6-Amino-9H-purin-9-yl)ethoxy]methylphosphonsäure (IUPAC)

Summenformel C8H12N5O4P
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
EG-Nummer (Listennummer) 600-789-7
ECHA-InfoCard 100.106.235
PubChem 60172
ChemSpider 54252
DrugBank DB13868
Wikidata Q353551
Arzneistoffangaben
ATC-Code

J05AF08

Wirkstoffklasse

Virostatika

Wirkmechanismus

Nukleosidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren

Eigenschaften
Molare Masse 273,19 g·mol−1
Schmelzpunkt

> 260 °C[1]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[2]

Achtung

H- und P-Sätze H: 302312332
P: 280[2]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Anwendung als Arzneimittel

Adefovir wurde 2002 in den USA und 2003 in der EU in Form seines Esters Adefovirdipivoxil zugelassen, und zwar zur Behandlung der chronischen Hepatitis B bei Erwachsenen mit einer dekompensierten Lebererkrankung oder mit einer kompensierten Lebererkrankung, wenn diese mit bestimmten Befunden, wie etwa erhöhten Alanin-Aminotransferase-Serumwerten, aktiver Leberentzündung bzw. Leberfibrose und nachgewiesener aktiver Virusreplikation einhergeht.

Wirkungsmechanismus

Adefovir-Dipivoxil[3] ist ein Prodrug. Nach Resorption entsteht das mit Adenosinmonophosphat strukturell verwandte Nukleotid-Analogon Adefovir, das in Virus-befallenen Zellen phosphoryliert wird zum aktiven Adefovirdiphosphat. Dieses konkurriert in der Nukleinsäuresynthese mit dem natürlichen Substrat Desoxyadenosintriphosphat und inaktiviert die virale DNA-Polymerase (Suizid-Inhibition). In die DNA eingebaute Nukleotide verhindern außerdem durch ihre chemische Struktur die Anknüpfung weiterer Nukleotide und es kommt zum Kettenabbruch.[4] Für eine antivirale Wirkung reichen vergleichsweise niedrige Adefovir-Konzentrationen, welche die humanen DNA-Polymerasen nicht hemmen.[5]

Klinische Resistenzen gegenüber Adefovir können durch Punktmutationen im HBV-Polymerase-Gen entstehen, jedoch war die beobachtete Resistenzsteigerung gering.[5]

Pharmakokinetik

Die orale Bioverfügbarkeit von Adefovirdipivoxil beträgt zirka 60 %, die Umwandlung zu Adefovir erfolgt rasch. Die Plasmaproteinbindung ist gering (< 4 %). Das Potential für Cytochrom P450-vermittelte Wechselwirkungen zwischen Adefovir und anderen Arzneimitteln wird als gering eingeschätzt.[5] Adefovir wird unverändert renal sowohl durch glomeruläre Filtration als auch durch aktive tubuläre Sekretion ausgeschieden. Die Plasmaspiegel fallen biexponentiell, der Median der Plasmahalbwertszeit liegt bei zirka 7 Stunden.[4][5]

Nebenwirkungen und Anwendungsbeschränkungen

Die Dosis von Adefovir wird durch seine Nephrotoxizität beschränkt. Die Nierenfunktion muss überwacht werden und bei Feststellung einer Einschränkung sollte die Dosierung angepasst werden. Hepsera wird nicht empfohlen für die Anwendung bei Jugendlichen unter 18 Jahren, für Patienten über 65 Jahre gibt es keine Dosisempfehlung. Aufgrund unzureichender Daten sollte die Nutzen-Risiko-Abwägung in der Schwangerschaft dementsprechend vorgenommen werden. Da nicht bekannt ist, ob Adefovir in die Muttermilch übertritt, sollten Patientinnen unter der Einnahme von Adefovirdipivoxil vom Stillen absehen. Neben nephrotoxischen Wirkungen können hauptsächlich gastrointestinale Beschwerden und Kopfschmerzen auftreten.[5]

Handelsnamen

Hepsera (EU, a.H., CH, a.H.)

Einzelnachweise

  1. Eintrag zu Adefovir. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 10. November 2014.
  2. Datenblatt Adefovir dipivoxil bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 20. März 2011 (PDF).
  3. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu Adefovir-Dipivoxil: CAS-Nummer: 142340-99-6, EG-Nummer: 634-317-6, ECHA-InfoCard: 100.162.308, PubChem: 60871, DrugBank: DB00718, Wikidata: Q28851735.
  4. Ernst Mutschler, Gerd Geisslinger, Heyo K. Kroemer, Peter Ruth, Monika Schäfer-Korting: Arzneimittelwirkungen. Lehrbuch der Pharmakologie und Toxikologie. 9. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-8047-1952-1.
  5. Europäischen Arzneimittelagentur: Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels. 1. März 2023, abgerufen am 10. Februar 2024.

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