Adèle Lilljeqvist
Adèle Lilljeqvist-Wieland (* 6. Oktober 1862 in Glarus; † 8. Mai 1927 in Bern) war eine Schweizer Malerin.
Leben
Adèle Wieland wurde 1862 als älteste Tochter des Hoteliers Carl Gustav Wieland und Sophie, geb. Kraft, geboren. Im Jahre 1870 zog die Familie nach Bern, wo Adèle die Mädchenschule absolvierte, sowie ihren ersten Malunterricht. Nach Abschluss der Schulzeit besuchte sie die bernische Kunstschule. An der Verlobungsfeier ihrer Schwester Fanny lernte Adèle ihren künftigen Ehemann, den Schweden Friedrich Gottfried Lilljeqvist, kennen. Im Jahre 1887, im Alter von 25 Jahren, heiratet sie ihn und zieht mit ihm nach England, wo Gottfried einen internationalen Holzhandel betreibt. Leider dauert das Eheglück kaum neun Jahre, während denen Adèle fünf Söhne zur Welt bringt. Nach einem Unfall zieht sich Gottfried ein Gehirnleiden zu, das ihm alle Handlungsfähigkeit nimmt. Mit der Hilfe einer Bekannten und ab da lebenslangen Freundin und Lebensgefährtin, Fräulein Ernst, löst Adèle alle geschäftlichen Beziehungen auf und liquidiert ihren Haushalt in London. Kurz nach dem Umzug zurück nach Bern erliegt Gottfried Lilljeqvist im Jahre 1897, ein Jahr nach dem Unfall, seiner Hirnkrankheit.
Wieder zurück in Bern widmete sich Adèle mit der Hilfe von Fräulein Ernst der Erziehung ihrer Söhne. Die ersten Jahre waren eine schwere Zeit, da kurz nach dem Dahinscheiden ihres Mannes auch noch ihr Vater starb. Doch schienen die darauffolgenden Jahre zwar anstrengend, aber auch glücklich gewesen zu sein.
Je erwachsener ihre Söhne wurden, desto mehr interessierte sich deren Mutter wieder für die Kunst. Lilljeqvist studierte mühsam das Zeichnen und dann endlich das Malen unter Ernst Linck in Bern und machte Malexpeditionen in der Schweiz, zu den "Malweibern" nach München und in die Bretagne, wo sie den Künstler Alcide Le Beau kennenlernte. Sie malte fortan Landschaften, Figürliches, Bildnisse und Stillleben. Der Maler Le Beau begann, sie regelmässig in Bern zu besuchen und zu unterrichten. Unter seinem Einfluss bewegte sich ihr Stil zunehmend fort von einer anfänglichen Naivität und wandte sich dem Expressionismus und dem Fauvismus zu.
Im Sommer 1921 fand sie auf einer Reise nach Südfrankreich den Ort, an dem sie ihre künstlerisch produktivsten, letzten Jahre verbringen sollte: Sanary-sur-mer. Lilljeqvist war begeistert vom Licht und den Farben der Provence sowie dem bunten Treiben im kleinen Hafenstädtchen. Sie lebte und malte dort und kaufte sich 1924 ein Haus an der Hafenpromenade.
In diesen Jahren nahm Lilljeqvists Präsenz in der Schweizer Kunstszene zu. Ihre Werke fanden den Weg in die Schweizer Turnus-Ausstellungen und in den Schweizer Salon. Ausserdem wurden ihre Bilder in grossen Einzelausstellungen im Lyceum Genf, in Neuchâtel, und im Kunsthaus Zürich ausgestellt. Lilljeqvist präsentierte ihre Werke aber nicht nur in der Schweiz, sondern ebenso im Ausland, namentlich 1913, 1919 und 1920 in Paris am Salon d’Automne, sowie in mehreren deutschen Städten.
Sie war auch sehr ausdauernd im Einsatz für die Unterstützung Schweizer Künstlerinnen, die es damals in der Schweizer Kunstwelt sehr schwer hatten, so antwortete zum Beispiel Ferdinand Hodler mit dem Ausspruch Mir wei känner Wiiber (wir wollen keine Frauen) auf die Forderung Schweizer Künstlerinnen auf Gleichberechtigung bei Ausstellungen[1]. Ab 1914 präsidierte Adèle Lilljeqvist die Gesellschaft Schweizer Malerinnen, Bildhauerinnen und Kunstgewerblerinnen, kurz GSMBK. Von 1923 bis 1926 war sie als erste Frau Mitglied in der Eidgenössischen Kunstkommission.[2]
Im Frühling 1927 musste Lilljeqvist zurück nach Bern reisen, da ihre gute Freundin schwer erkrankt war. Dort angekommen wurde bei ihr selbst eine unbehandelte Krebserkrankung im fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert. Nach acht Wochen im Spitalbett und einem letzten Besuch von vier ihrer fünf Söhne erlag sie dem Krebs im Alter von 65 Jahren am 8. Mai 1927.[3]
Werke
- 1906: Das Nydegghöfli in Bern, Aquarell[4]
- 1908: Winterliche Berglandschaft an einem sonnigen sandfarbenen Haus, Zeichnung Aquarell, Bleistift/Papier, 28 × 37 cm[5]
- 1908 oder früher: À Saas Fee (In Saas Fee), Aquarell[6]
- 1908 oder früher: Soirée d’hiver (Winterabend), Farb-Zeichnung[6]
- 1908 oder früher: Hiver à Gstaad (Winter in Gstaad), Farb-Zeichnung[6]
- 1909: Sonnige Feldlandschaft mit Bäumen und Waldstücken, Gemälde Öl/Leinwand, 30 × 41 cm[7]
- 1920 oder früher: Paysage du Lac Leman (Landschaft am Genfer See)[8]
- 1921 oder früher: Automne au Lac Leman (Herbst am Genfer See), Oel[9]
- 1921 Place du marché, Gemälde Öl/Leinwand, 38 × 46 cm[7]
- 1922 Paysage de Provence, Gemälde Öl/Leinwand, 50 × 65 cm (Im Familienbesitz)
Ausstellungen
- 1908: Exposition de la Société Suisse des Femmes Peintres et Sculpteures, Bâtiment electoral, Genève[10]
- 1920: Schweizerische Kunst-Ausstellung in Amerika[8]
- 1921: IX. Ausstellung der Gesellschaft Schweiz. Maler, Bildhauer und Architekten, Kunsthaus Zürich[9]
- 1925: Gruppenausstellung (gemeinsam mit E. Bucherer, G. François, Dora Hauth, H. Huber, R. Kündig, H. Schöllhorn, A. Segenreich, A. de Spengler, Hans Stocker, Ad. Thomann, F. Traffelet, We. Weber, Hanns Welti, Alfred Kubin), Kunsthaus Zürich[11]
- 1928: Gruppenausstellung (gemeinsam mit Ernest Bolens, Max Burgmeier, Eugen Maurer, Gregor Rabinovitch), Kunsthalle Bern[6][12]
- 2021: Künstlerinnen in der Kunsthalle Bern – eine Archivrecherche - Radikale Frauenbefreiungsbewegung FBB und Schweizerische Gesellschaft Bildender Künstlerinnen SGBK (gemeinsam mit Maja Allenbach, Alice Bailly, Suzanne Baumann, Helen Dahm, Suzanne Duchamp, Marlene Dumas, Maria Eichhorn, May Fasnacht, Andrea Fraser, Marguerite Frey-Surbek, Anne-Mie van Kerckhoven, Käthe Kollwitz, Lilly Keller, Adèle Lilljeqvist, Margrit Linck, Ka Moser, Meret Oppenheim, Germaine Richier, Bridget Riley, Susanne Schwob, Shirana Shahbazi, Sophie Taeuber-Arp, Inga Vatter-Jensen), Bern
Literatur
- Alberto de Andrés: Adèle Lilljeqvist. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 13. September 2006.
- Rosa Müller: Lebensbild der Malerin Adèle Lilljeqvist. In: Zentralblatt des Schweizerischen gemeinnützigen Frauenvereins 15 (1927), Nr. 11 (20. Nov.), S. 253–263. (Digitalisat in E-Periodica).
- Schweizer Frauen der Tat. [3. Folge:] 1855–1885. Rascher, Zürich 1929. (Google-Books-Vorschau).
- Sie holten die Kastanien aus dem Feuer. Würdigung des Beitrags von Adèle Lilljeqvist und ihrer Sekretärin Sophie Hauser, Kunstgewerblerin. In: 100 Jahre SGBK Sektion Bern = Centenaire SSFA Section Berne. SGBK Sektion Bern, Worb 2009.
Weblinks
- Publikationen von und über Adèle Lilljeqvist im Katalog Helveticat der Schweizerischen Nationalbibliothek
Einzelnachweise
- Sabine Altorfer: Ferdinand Hodler wurde zum Nationalmaler wider Willen. In: Aargauer Zeitung. CH Regionalmedien AG Aargauer Zeitung, 22. Oktober 2013, abgerufen am 27. Februar 2021.
- Journal of Swiss archaeology and art history, Band 43, Verlag Birkhäuser, 1986, S. 401, auf Google Books abgerufen am 3. Januar 2021.
- Rosa Müller: Lebensbild der Malerin Adèle Lilljeqvist. In: Frau Dr. Julie Merz (Hrsg.): Zentralblatt des Schweizerischen gemeinnützigen Frauenvereins. Band 15, Nr. 11. Schweizerischer gemeinnütziger Frauenverein, Bern 20. November 1927, S. 253 - 263 (e-periodica.ch).
- Das Nydegghöfli in Bern, Kunstsammlung Biel
- Auktionsnotiz artprice.com zu einem Aquarell von Lilljeqvist
- Ausstellungskatalog von 1928 zur Ausstellung in der Kunsthalle Bern (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im August 2022. Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Auktionsnotiz artprice.com zu zwei Gemälden von Lilljeqvist
- Ausstellungskatalog des Kunsthauses Zürich zur Schweizerischen Kunst-Ausstellung in Amerika von 1920, Seite 14
- Katalog der IX. Ausstellung der Gesellschaft der Schweizer Maler, Bildhauer und Architekten, 1921, im Kunsthaus Zürich
- historischer Ausstellungskatalog von 1908 zur Ausstellung der Schweizer Gesellschaft der Malerinnen und Bildhauerinnen im Wahlgebäude in Genf, Seite 7
- Erwähnung Lilleqvist im Zusammenhang mit Albert Frey
- Liste der Ausstellungen der Kunsthalle Bern nach Jahren