Achiqar

Achiqar (aramäisch אחיקר) bzw. Aba-Enlil-dana (assyrisch) ist die Hauptfigur einer aramäischen Erzählung. Er bekleidete nach einem in Elephantine gefundenen Papyrus, der einzigen Quelle zu dieser Geschichte, aus dem fünften Jahrhundert v. Chr. unter Sanherib das Amt des königlichen Sieglers. Unter Sanheribs Nachfolger Asarhaddon soll er als königlicher Berater fungiert haben, nachdem er sein Amt an seinen adoptierten Sohn weitergab. Es existieren Übersetzungen und Bearbeitungen des Stoffes in zahlreichen Sprachen des Nahen und Mittleren Ostens.

Papyrus mit der Erzählung des weisen Kanzlers Achiqar.
Aramäisch, 5. Jahrhundert v. Chr.
Ägyptisches Museum Berlin.

Die Rahmenhandlung der Geschichte des Achiqar entstand frühestens kurz nach Zusammenbruch des assyrischen Reiches und wurde wahrscheinlich im 6. Jahrhundert v. Chr. verfasst. Die Spruchsammlung wurde nachträglich zwischen die beiden Geschichtsteile eingefügt. Reflexe der Achiqar-Gestalt finden sich in den deuterokanonischen Büchern Judit und Tobit.

Die Spruch- und Fabelsammlung des Achiqar, die in den Kolumnen 3 bis 16 niedergeschrieben wurde, ist wesentlich älter als die Erzählung selbst und konnte aufgrund des altaramäischen Dialektes auf die Wende vom 8. zum 7. Jahrhundert v. Chr. datiert werden. Die Sprüche der Kolumnen 3, 4, 11, 13 und 14 sind verloren gegangen. Der erhaltene Teil weist unter anderem Parallelen zur akkadischen Weisheitsliteratur auf, obwohl kein akkadischer Wortschatz bemerkbar ist. Die Überlieferung setzt sich aus zahlreichen Einzelsprüchen zusammen. Ein redaktionelles Gesamtkonzept scheint nicht vorgelegen zu haben, da der Redaktor augenscheinlich verschiedenste Spruchsammlungen nutzte.

Neben Parallelen zur altägyptischen Literatur liegt eine große Nähe zu israelitisch-jüdischen Weisheitstexten vor. Wesentlich geringer ist der übereinstimmende Anteil bezüglich mesopotamischer Quellen. Die in der Spruchsammlung vorhandenen Gemeinsamkeiten mit der altägyptischen Weisheitslehre nebst einem altägyptischen Lehnwort sowie auffällig starke Einflüsse aus der Region Kanaan verweisen auf eine Herkunft aus dem südsyrisch-libanesischen Raum.

Literatur

  • Ingo Kottsieper: Die Geschichte und die Sprüche des weisen Achiqar. In: Otto Kaiser, Günter Burkhard: TUAT, Bd. 3, Lieferung 2: Weisheitstexte II. Mohn, Gütersloh 1991, ISBN 3-579-00073-X, S. 320–347.
  • Ingo Kottsieper: Die Sprache der Ahiqarsprüche. Beihefte zur Zeitschrift für die Alttestamentliche Wissenschaft 194. Berlin 1990, ISBN 3-11-012331-2
  • Bruno Meissner: Das Märchen vom weisen Achiqar. Der Alte Orient 16,2. Leipzig 1917.
  • Herbert Niehr: Aramäischer Ahiqar. JSHRZ.NF 2/2. Gütersloh 2007, ISBN 978-3-579-05244-1
  • James VanderKam: Ahiqar, Book of, in: The Anchor Bible Dictionary, Vol. 1, New York 1992, S. 119–20.
  • Michael Weigl: Die aramäischen Achikar-Sprüche aus Elephantine und die alttestamentliche Weisheitsliteratur. de Gruyter, Berlin 2010, ISBN 3-1102-1208-0
  • Karl-Theodor Zauzich: Demotische Fragmente zum Ahikar-Roman In: Herbert Franke: Folia rara: Wolfgang Voigt LXV. diem natalem celebranti ab amicis et catalogorum codicum orientalium conscribendorum collegis dedicata. Steiner, Wiesbaden 1976, ISBN 3-515-02166-3, S. 180–185.
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