4-Chloranilin

4-Chloranilin ist eine organisch-chemische Verbindung aus der Stoffgruppe der Chloraniline, die als Zwischenprodukt zur Herstellung von Pestiziden, Isocyanaten, Farbstoffen und Arzneimitteln Verwendung findet.

Strukturformel
Struktur von 4-Chloranilin
Allgemeines
Name 4-Chloranilin
Andere Namen
  • p-Chloranilin
  • 1-Amino-4-chlorbenzol
Summenformel C6H6ClN
Kurzbeschreibung

beiger Feststoff mit leicht aromatischem Geruch[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
EG-Nummer 203-401-0
ECHA-InfoCard 100.003.093
PubChem 7812
ChemSpider 13869339
Wikidata Q413515
Eigenschaften
Molare Masse 127,57 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

1,43 g·cm−3 (20 °C)[1]

Schmelzpunkt

70 °C[1]

Siedepunkt

232 °C[1]

Löslichkeit

2,2 g·l−1 bei 25 °C in Wasser[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[2] ggf. erweitert[1]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 301311317331350410
P: 201280302+350304+340308+313273[1]
MAK

0,06 ml·m−3, 0,3 mg·m−3 [1]

Toxikologische Daten
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Synthese

4-Chloranilin erhält man durch Hydrierung von 4-Chlornitrobenzol mit Raney-Nickel als Katalysator.[3]

Synthese von 4-Chloranilin durch katalytische Hydrierung von 4-Chlornitrobenzol

Ein alternativer Herstellungsweg ist die Chlorierung von Acetanilid mit Natriumhypochlorit in Gegenwart einer Mineralsäure und anschließender Hydrolyse.[4]

Synthese von 4-Chloranilin durch Chlorierung von Acetanilid und anschließender Hydrolyse

Durch elektrolytische Reduktion von Nitrobenzol in Gegenwart von Salzsäure erhält man ein Gemisch von 2- und 4-Chloranilin, das sich über die entsprechenden Acetanilide trennen lässt.[5]

Verwendung

4-Chloranilin kann als Diazokomponente zur Herstellung von Azofarbstoffen verwendet werden. Da unter reduktiven Bedingungen aus diesen Farbstoffen wieder 4-Chloranilin freigesetzt werden kann, dürfen sie nach der Bedarfsgegenständeverordnung (BedGgstV) nicht für Textil- und Ledererzeugnisse verwendet werden, die längere Zeit mit der menschlichen Haut oder der Mundhöhle direkt in Berührung kommen können (z. B. Kleidung, Bettwäsche, Handtücher, Schuhe, Handschuhe, für den Endverbraucher bestimmte Garne und Gewebe).[6]

4-Chloranilin wird bei der Herstellung des Herbizids Monolinuron und der Arzneimittel Flunitrazepam und Demoxepam eingesetzt.

Toxikologie

4-Chloranilin ähnelt hinsichtlich der toxischen Wirkung dem Anilin, weist jedoch eine höhere Lipophilie auf, so dass es leichter in die Zellen aufgenommen wird. Die akute toxische Wirkung der Verbindung beruht auf der starken Bindungsaffinität zu Hämoglobin. Untersuchungen zur kanzerogenen Wirkung von 4-Chloranilin beim Menschen liegen nicht vor, jedoch ergibt sich aus Tierstudien ein Verdacht auf karzinogene Wirkung.[7]

Einzelnachweise

  1. Eintrag zu 4-Chloranilin in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 3. August 2020. (JavaScript erforderlich)
  2. Eintrag zu 4-chloroaniline im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 3. August 2020. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
  3. Klaus Schwetlick u. a.: Organikum. 21. Auflage. Wiley-VCH, Weinheim 2001, ISBN 3-527-29985-8, S. 627 f.
  4. E. N. Abrahart: Dyes and their Intermediates. 2. Auflage. Edward Arnold Ltd., London 1977, ISBN 0-7131-2580-2, S. 40.
  5. Walther Löb: Elektrolytische Reduction des Nitrobenzols in salzsaurer Flüssigkeit. In: Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft. Band 29, Nr. 2, Mai 1896, S. 1894, doi:10.1002/cber.189602902150.
  6. Bedarfsgegenständeverordnung, Anlage 1 (zu § 3). Stoffe, die bei dem Herstellen oder Behandeln von bestimmten Bedarfsgegenständen nicht verwendet werden dürfen. Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, abgerufen am 3. August 2020.
  7. Begründung zu p-Chloranilin. (PDF) Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, 21. März 2019, abgerufen am 3. August 2020.
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