Élisa (Manet)

Élisa[1] auch Elisa,[2] ist ein Frauenporträt von Édouard Manet. Das mit Pastellkreide auf grundierte Leinwand[3] gemalte Bildnis hat die Abmessungen 25,4 × 20,3 cm.[4] Dargestellt ist Élisa Sosset, das Dienstmädchen der mit Manet befreundeten Kurtisane Méry Laurent. Manet schuf das Bild 1883, wenige Wochen vor seinem Tod.[5] Das Porträt ist Teil der Kunstsammlungen der Stadt Glasgow und wird im Museum der Burrell Collection gezeigt.

Élisa (Édouard Manet)
Élisa
Édouard Manet, 1883
Pastellkreide auf Leinwand
25,4× 20,3cm
Burrell Collection, Glasgow
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Bildbeschreibung

Manet hat in diesem Pastell eine junge Frau porträtiert. Das als Schulterstück ausgeführte Bildnis zeigt ihren büstenförmig ausgeschnittenen Oberkörper von der Seite. Ihr Gesicht ist im Profil zu sehen, die weit geöffneten Augen blicken zum linken Bildrand. Ein heller rosiger Teint unterstreicht ihre jugendliche Erscheinung. Der Mund ist geschlossen, das Ohr vom rotbraunen Haar unbedeckt. Ihre leicht wellige Frisur reicht bis zum Nacken. Auf dem Kopf trägt die Dargestellte einen bis über die Stirn gezogenen flachen dunklen Hut mit dezentem Federschmuck. Bekleidet ist sie mit einem blauen Kleid, zu dem eine vor der Brust gebundene große Schleife und ein geschlossener breiter weißer Kragen gehört.[6] Der Hintergrund des Bildes ist im monotonen Grau gehalten. Die Ausführung des Porträts wirkt skizzenhaft und unvollendet, vor allem im Bereich des Kleides sind einzelne Linien des Entwurfs erkennbar.[7] Im Bild findet sich unten rechts die Signatur „Manet“ und die Datierung „1882“. Diese Angaben stammen jedoch nicht von Manet selbst, sondern sind von seiner Frau Suzanne Manet nach dem Tod des Malers auf das Bild nachgetragen worden. Hierbei unterlief ihr bei der Jahresangabe ein Fehler, da das Bild erst 1883 entstand.[8]

Das Porträt eines Dienstmädchens

Die Umstände zur Entstehung des Porträts der Élisa sind von Manets Freund und Biograf Antonin Proust überliefert. Er schilderte in seinen Erinnerungen, Manet habe das Bildnis am Karsamstag 1883 (24. März) in seinem Atelier in der Pariser Rue d’Amsterdam begonnen. Als Élisa am nächsten Tag erneut zur Porträtsitzung erschienen sei, war der Künstler jedoch bereits zu krank, um sie im Atelier zu treffen. Laut Proust konnte Manet seine Wohnung in der Rue de Saint-Pétersbourg bis zu seinem Tod am 30. April 1883 nicht mehr verlassen.[9] Das unvollendet Porträt von Élisa[10] fand Suzanne Manet nach dem Tod ihres Mannes auf der Staffelei im Atelier des Künstlers.[11]

Élisa Sosset war eine Angestellte der Kurtisane Méry Laurent und wird mal als Kammermädchen oder als Dienerin (Servante) bezeichnet.[12] Wiederholt brachte Élisa im Auftrag von Méry Laurent kleine Präsente zu Édouard Manet. Hierzu gehörten Blumen, die Manet gern in seinen Gemälden als Stilllebenmotiv arrangierte.[13] So entstanden Bilder wie Rosen in einem Champagnerglas, dass Manet anschließend Méry Laurent schenkte und das sich heute ebenso wie das Bildnis der Élisa in der Burrell Collection befindet.[14] Élisa brachte aber auch Naschereien zu Manet. So berichtet Proust, es habe neben Manets Krankenbett eine Schale mit Zuckerwerk aus einem Osterei gestanden. Dies sei ebenfalls ein im Auftrag von Méry Laurent von Élisa überbrachtes Geschenk gewesen.[15] Proust hat zudem geschildert, dass Élisa sich wiederholt um den Gesundheitszustand Manets sorgte und dieser die junge Frau sehr gern hatte. Überliefert sind Manets Worte: „Was für ein braves Mädchen ist diese Elisa“.[16]

Manets letzte Frauenbildnisse

In seinen letzten Lebensjahren schuf Manet eine größere Gruppe von Frauenbildnissen, die er häufig in Pastellmalerei ausführte. Anders als das Malen mit Ölfarben, bot die Pastelltechnik dem Künstler ein spontanes Arbeiten, das zu schnelleren Ergebnissen führte. Hierdurch konnten die Porträtsitzungen erheblich verkürzt werden, was für Maler und Dargestellte Vorteile bot. Dies bedeutete für Manet eine große Erleichterung, da ihm sein labiler Gesundheitszustand längeres Arbeiten kaum erlaubte.[17] Manets intensive Beschäftigung mit der Pastellmalerei in seinem Spätwerk ging möglicherweise auf den befreundeten Maler Edgar Degas zurück, der zahlreiche seiner Werke in Pastelltechnik geschaffen hatte.[18] Der Kunsthistoriker Gotthard Jedlicka urteilte über Manets Pastellmalerei, er wirke dabei „als Außenseiter und Amateur. Er will vor allem liebenswürdig sein und den Charme der weiblichen Schönheit festhalten.“[19]

Manet porträtierte überwiegend Personen aus dem Freundes und Bekanntenkreis, da er Berufsmodelle wegen ihrer unnatürlichen Haltung ablehnte. Besonders häufig saß Méry Laurent Modell, eine Kurtisane, mit der Manet seit 1876 befreundet war und die eine Reihe von seinen Werken besaß. Die Arbeitgeberin der Hausangestellten Élisa erscheint beispielsweise im Bildnis Méry Laurent mit schwarzem Hut von 1882 (Musée des Beaux-Arts, Dijon), in dem eine dekorativ vor der Brust gebundene Schleife das Kleid schmückt. Ein solches Dekorationselement findet sich auch am Kleid der von Manet porträtierten Élisa, hier jedoch in deutlich weniger prächtigen Aufmachung. Das um 1882 entstandene Bildnis Méry Laurent im Profil zeigt Manets Freundin mit zum linken Bildrand gewandtem Kopf, eine Seitenansicht die dem Porträt der Élisa gleicht. Zu den weiteren von Manet porträtierten Frauen gehörten Suzette Lemaire, die jugendliche Tochter einer Freundin und Jeanne Guillemet, Mitinhaberin eines Modegeschäftes. Das Pastellbild Suzette Lemaire im Profil von 1882 (Privatsammlung) und das bereits 1880 entstandene Bildnis der Madame Guillemet (Saint Louis Art Museum) sind weitere Porträts von Frauen aus den letzten Lebensjahren Manets, in denen er die Dargestellten ebenfalls büstenartig in Seitenansicht porträtierte.

Provenienz

Das Pastellbildnis der Élisa Sosset gehörte zu Manets Nachlass. Suzanne Manet, die Witwe des Künstlers, verschenkte das Porträt möglicherweise kurz nach Manets Tod an die im Bild Dargestellte.[20] Das Porträt blieb bis etwa 1902 im Besitz von Élisa Sosset und tauchte danach im Pariser Kunsthandel auf. 1921 verkaufte der Kunsthändler Georges Bernheim das Bildnis der Élisa an der schottischen Reeder William Burrell, der mehrere Werke Manets besaß. Er überließ das Bild 1944 zusammen mit seiner umfangreichen Kunstsammlung der Stadt Glasgow. Die gemeinsam mit seiner Frau Constance gestiftete Burrell Collection befindet sich seit 1983 in einem eigenen Kunstmuseum.[21]

Literatur

  • Françoise Cachin, Charles S. Moffett, Juliet Wilson-Bareau: Manet: 1832–1883. Réunion des Musées Nationaux, Paris, The Metropolitan Museum of Art, New York, deutsche Ausgabe: Frölich und Kaufmann, Berlin 1984, ISBN 3-88725-092-3.
  • Blandine Chavanne: Méry Laurent, Manet, Mallarmé et les autres ... Ausstellungskatalog Musée des Beaux-Arts Nancy, Artlys, Versailles 2005, ISBN 2-85495-221-9.
  • Paul Jamot, Georges Wildenstein: Manet: l’oeuvre de l’artiste; catalogue critique. Werkverzeichnis, Les Beaux-Arts, Paris 1932.
  • Gotthard Jedlicka: Edouard Manet. Rentsch, Erlenbach/ Zürich 1941.
  • Hans Körner: Edouard Manet: Dandy, Flaneur, Maler. Fink, München 1996, ISBN 3-7705-2931-6.
  • Sandra Orienti: Das gemalte Werk von Edouard Manet. Kunstkreis, Luzern 1967.
  • Ronald Pickvance: Manet. Ausstellungskatalog Martigny, Fondation Pierre Gianadda, Martigny 1996, ISBN 2-88443-037-7.
  • Antonin Proust: Edouard Manet, Erinnerungen. Cassirer, Berlin 1917.
  • John Rewald: Edouard Manet, Pastels. Bruno Cassirer, Oxford.
  • Philippe Rollet: Collection Burrell: chefs-d’œuvre réalistes et impressionnistes. LienArt, Paris 2018, ISBN 978-2-35906-237-3.
  • Denis Rouart, Daniel Wildenstein: Edouard Manet: Catalogue raisonné. Bibliothèque des Arts, Paris/ Lausanne 1975.
  • Adolphe Tabarant: Manet, histoire catalographique. Éditions Montaigne, Paris 1931.
  • William Wells: Manet’s Portrait of Elisa. In: The Scottish art review. Jahrgang 1973, Bd. 14–15, S. 8–9.

Einzelnachweise

  1. Als Élisa bezeichnet in Paul Jamot, Georges Wildenstein: Manet: l’oeuvre de l’artiste; catalogue critique, Bd. 1, S. 183; zudem findet sich die Beschreibung „Petit portrait au pastel, un esquisse d’Élisa“ in Blandine Chavanne: Méry Laurent, Manet, Mallarmé et les autres ... S. 17.
  2. Im Werkverzeichnis von Denis Rouart, Daniel Wildenstein: Edouard Manet: Catalogue raisonné. Bd. II, S. 34.
  3. Auf der Internetseite der Museumssammlungen der Stadt Glasgow findet sich die Angabe „primed linen canvas“.
  4. Die genannten Maße beziehen sich auf den Angaben der Internetseite der Museumssammlungen der Stadt Glasgow; Abweichend nennen Rouart/Wildenstein die Maße 25 × 20 cm in Denis Rouart, Daniel Wildenstein: Edouard Manet: Catalogue raisonné, Bd. II, S. 34.
  5. Das Entstehungsjahr 1883 ist vermerkt in Denis Rouart, Daniel Wildenstein: Edouard Manet: Catalogue raisonné, Bd. II, S. 34.
  6. Adolphe Tabarant: Manet, histoire catalographique. S. 506.
  7. Blandine Chavanne: Méry Laurent, Manet, Mallarmé et les autres .... S. 17.
  8. William Wells: Manet’s Portrait of Elisa in The Scottish art review. Jahrgang 1973, Bd. 14–15, S. 8–9.
  9. Antonin Proust: Edouard Manet, Erinnerungen. S. 113.
  10. Der Kunsthistoriker Hans Körner schrieb, das Bild „gedieh nicht mehr bis zum Abschluß“ in Hans Körner: Edouard Manet: Dandy, Flaneur, Maler. S. 195.
  11. William Wells: Manet’s Portrait of Elisa in The Scottish art review, Jahrgang 1973, Bd. 14–15, S. 9.
  12. Die Bezeichnung Kammermädchen findet sich in der deutschen Übersetzung der Erinnerungen von Antonin Proust, siehe Antonin Proust: Edouard Manet, Erinnerungen. S. 113; die Bezeichnung Servante findet sich in Blandine Chavanne: Méry Laurent, Manet, Mallarmé et les autres ... S. 17.
  13. Blandine Chavanne: Méry Laurent, Manet, Mallarmé et les autres .... S. 17.
  14. Philippe Rollet: Collection Burrell: chefs-d’œuvre réalistes et impressionnistes. S. 116.
  15. Antonin Proust: Edouard Manet, Erinnerungen. S. 113.
  16. Antonin Proust: Edouard Manet, Erinnerungen. S. 113.
  17. Charles S. Moffett: Frau mit Pelz, Bildnis Méry Laurent in Françoise Cachin, Charles S. Moffett und Juliet Wilson-Bareau: Manet: 1832–1883. S. 491.
  18. Françoise Cachin: Mme Manet auf blauem Sofa in Françoise Cachin, Charles S. Moffett und Juliet Wilson-Bareau: Manet: 1832–1883. S. 365––366.
  19. Gotthard Jedlicka: Edouard Manet. S. 354.
  20. Die Autoren Rouart/Wildenstein geben an, das Bild sei ein Geschenk von Madame Manet an Élisa gewesen, siehe Denis Rouart, Daniel Wildenstein: Edouard Manet: Catalogue raisonné. Bd. 2, S. 34; diese Übereignung wird ebenso beschrieben in Blandine Chavanne: Méry Laurent, Manet, Mallarmé et les autres ... S. 17; Sandra Orienti vermutete hingegen, das Bild sei ein Geschenk von Méry Laurent an Elisa gewesen, siehe Sandra Orienti: Das gemalte Werk von Edouard Manet. S. 121.
  21. Angaben zur Stiftung auf der Internetseite des Museums.
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