École normale William Ponty

Die École normale William Ponty war eine Lehrerbildungsanstalt für Knaben aus Französisch-Westafrika. Sie befand sich auf der Insel Gorée zugehörig zum heutigen Senegal. Sie bestand von 1903 bis 1965 und galt als Kaderschmiede der indigenen Einwohner Französisch-Westafrikas.

Gebäude der ehemaligen École William Ponty auf Gorée (2011)

Geschichte

Unterrichtsfächer je Schulwoche (1924)[1]
1. Jahr 2. Jahr 3. Jahr
Moral 1 Std. 1 Std. 1 Std.
Französische Sprache 11 Std. 11 Std. 10 Std.
Mathematik 7,5 Std. 7,5 Std. 6 Std.
Physik und Chemie 3 Std.
Tier- und Pflanzenkunde 2 Std. 1 Std.
Hygiene 1 Std.
Landwirtschaft 1 Std.
Geschichte 2 Std. 2 Std. 1 Std.
Geografie 2 Std. 2 Std. 1 Std.
Zeichnen 2 Std. 2 Std. 2 Std.
Musik und Singen 1 Std. 1 Std. 1 Std.
Werken 1,5 Std. 1,5 Std. 1 Std.
Leibeserziehung 5 Std. 5 Std. 5 Std.
Maschinenschreiben 2 Std.
Pädagogik 3 Std.
Gesamt 35 Std. 36 Std. 36 Std.

Die Lehrerbildungsanstalt der französischen Kolonialverwaltung wurde am 24. November 1903 in Saint-Louis (Senegal), der ehemaligen Hauptstadt Französisch-Westafrikas, gegründet.[2] Sie war darauf ausgerichtet, afrikanische Lehrer und niedrige Verwaltungsbeamte für den Kolonialdienst auszubilden.[3] Die Schulzeit der Pontins dauerte drei Jahre.[1]

Der Generalgouverneur von Französisch-Westafrika William Ponty ließ die Lehrerbildungsanstalt 1913 auf die Insel Gorée vor der Hauptstadt Dakar verlegen. Nach Pontys Tod 1915 wurde die Schule 1916 nach ihm benannt.[4] 1938 wechselte sie auf ihren letzten Standort Sébikotane, einen Vorort von Dakar auf dem Festland.[5]

Für Mädchen wurde mit der École normale de Rufisque im Jahr 1938 unweit von Sébikotane ein Gegenstück zur École normale William Ponty gegründet. Die Schuljahresabschlussfeiern wurden seitdem von den Pontins gemeinsam mit den Rufisquoises aus der Mädchenschule begangen.[1]

Bedeutung

Zahlreiche Angehörige der politischen und kulturellen Elite in den unabhängigen Nachfolgestaaten Französisch-Westafrikas waren Absolventen der Schule. Eine ähnliche Bedeutung wie die École normale William Ponty für die französischen Kolonien besaßen für das britische Kolonialreich in Afrika die Achimota School und das Makerere College.[3]

Die Schüler wurden an die französische Sprache und Kultur assimiliert und dabei insbesondere mit dem Theater der Französischen Klassik vertraut gemacht. Ab den 1930er Jahren ermutigte sie unter anderem der damalige Schuldirektor Charles Béart, sich mit der Kultur ihrer Herkunftsregionen zu beschäftigen. Am intensiv gepflegten Schultheater der École normale William Ponty entstanden dadurch europäisch-afrikanische Mischformen, die in der französischsprachigen afrikanischen Literatur des 20. Jahrhunderts[3] und bei afrikanischen Theatertruppen wie der Amicale de Niamey deutliche Spuren hinterließen.[6]

Die Sammlung der École normale William Ponty von handgeschriebenen Schülerarbeiten zu afrikanischen Themen zählt seit 2015 zum Weltdokumentenerbe.[2]

Bekannte ehemalige Schüler

Literatur

  • Ferdinand de Jong, Brian Quinn: Ruines d’utopies. L’École William Ponty et l’Université du Futur Africain. In: Guillaume Lachenal (Hrsg.): Politiques de la nostalgie. Karthala, Paris 2014, ISBN 978-2-8111-1305-6, S. 71–93.
  • Jean-Hervé Jézéquel: Les "mangeurs de craies". Sociohistoire d’une catégorie lettrée à l’époque coloniale. Les instituteurs diplômés de l’école normale William-Ponty (c. 1900 – c. 1960). Dissertation. EHESS, Paris 2002.
  • Peggy Roark Sabatier: Educating a colonial elite. The William Ponty School and its graduates. Dissertation. University of Chicago, Chicago 1977.
  • Peggy Sabatier: Did Africans really learn to be French? The Francophone elite of the ecole William Ponty. In: G. W. Johnson (Hrsg.): Double impact. France and Africa in the age of imperialism (= Contributions in comparative colonial studies. Nr. 16). Greenwood Press, Westport, Connecticut 1985, ISBN 0-313-23386-1, S. 179–187.
Commons: École normale William Ponty – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Pascale Barthélémy: Instruction ou éducation ? La formation des Africaines à l’École normale d’institutrices de l’AOF de 1938 à 1958. In: Cahiers d’Études africaines. Nr. 169–170, 2003, S. 371–388 (journals.openedition.org [abgerufen am 26. Dezember 2017]).
  2. William Ponty School Collection of Papers. UNESCO, abgerufen am 26. Dezember 2017 (englisch).
  3. Wole Soyinka: Theater in Traditional African Cultures: Survival Patterns. In: Michael Huxley, Noel Witts (Hrsg.): The Twentieth-Century Performance Reader. 2. Auflage. Routledge, London 2002, ISBN 0-415-25286-5, S. 382.
  4. Pierre Montagnon: Dictionnaire de la colonisation française. Pygmalion, Paris 2010, ISBN 978-2-7564-0265-9, S. 450.
  5. William Ponty School Collection of Papers. Nomination form – International Memory of the World Register. (PDF) Institut Fondamental d’Afrique Noire Cheikh Anta Diop, 2014, abgerufen am 26. Dezember 2017 (englisch).
  6. Don Rubin, Ousmane Diakhaté, Hansel Ndumbe Eyoh (Hrsg.): The World Encyclopedia of Contemporary Theatre: Africa. 2. Auflage. Routledge, London/New York 2001, ISBN 0-415-05931-3, S. 213.

This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.