Åkermanit
Åkermanit ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“. Es kristallisiert im tetragonalen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung Ca2Mg[4][Si2O7][2] und ist damit chemisch gesehen ein Calcium-Magnesium-Silikat. Strukturell gehört Åkermanit zu den Gruppensilikaten.
Åkermanit | |
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Ausgestellt im Mineralogischen Museum der Universität Bonn | |
Allgemeines und Klassifikation | |
IMA-Symbol |
Åk[1] |
Chemische Formel | Ca2Mg[4][Si2O7][2] |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Silikate und Germanate |
System-Nummer nach Strunz (8. Aufl.) Lapis-Systematik (nach Strunz und Weiß) Strunz (9. Aufl.) Dana |
VIII/C.02 VIII/C.02-010 9.BB.10 55.04.01.01 |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | tetragonal |
Kristallklasse; Symbol | tetragonal-skalenoedrisch; 42m[3] |
Raumgruppe | P421m (Nr. 113)[2] |
Gitterparameter | a = 7,84 Å; c = 5,01 Å[2] |
Formeleinheiten | Z = 2[2] |
Zwillingsbildung | Durchkreuzungszwillinge nach {100} und {001}[4] |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | 5 bis 6 |
Dichte (g/cm3) | gemessen: 2,944; berechnet: 2,922[4] |
Spaltbarkeit | deutlich nach {001}, undeutlich nach {110}[4] |
Bruch; Tenazität | uneben bis muschelig |
Farbe | farblos, gelblichgrau, grün, braun; in dünnen Schichten farblos bis gelb[4] |
Strichfarbe | Bitte ergänzen |
Transparenz | durchsichtig bis durchscheinend |
Glanz | Glasglanz bis Harzglanz |
Kristalloptik | |
Brechungsindizes | nω = 1,632 nε = 1,640[5] |
Doppelbrechung | δ = 0,008[5] |
Optischer Charakter | einachsig positiv |
Weitere Eigenschaften | |
Besondere Merkmale | neigt zur Zersetzung |
Åkermanit entwickelt meist kurzprismatische bis dünntafelige Kristalle, aber auch körnige bis massige Mineral-Aggregate sowie Durchkreuzungszwillinge. In reiner Form ist er farblos und durchsichtig. Durch vielfache Lichtbrechung aufgrund von Gitterbaufehlern oder polykristalliner Ausbildung kann er aber auch weiß erscheinen und durch Fremdbeimengungen eine gelblichgraue, grüne oder braune Farbe annehmen, wobei die Transparenz entsprechend abnimmt.
Mit Gehlenit (Ca2Al[4][AlSiO7][2]) bildet Åkermanit eine lückenlose Mischkristall-Reihe, wobei zwischen den beiden Endgliedern eine gekoppelte Substitution von Al3+Al3+ durch Mg2+Si4+ stattfindet. Zusätzlich können Anteile des Calciums durch Natrium und Kalium, Magnesium durch zweiwertiges Eisen und Aluminium durch dreiwertiges Eisen ersetzt sein.[6]
Etymologie und Geschichte
Erstmals beschrieben wurde Åkermanit 1884 von I. H. L. Vogt, der das Mineral nach dem schwedischen Metallurgen und Hüttenfachmann Anders Richard Åkerman (1837–1922) benannte. Dieser hatte zu Analysezwecken einige Schmelzprodukte zur Verfügung gestellt, in denen das Mineral bzw. dessen synthetische Entsprechung zuerst entdeckt wurde. Später fand sich Åkermanit auch als natürliche Mineralbildung an verschiedenen Fundorten.
Klassifikation
In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Åkermanit zur Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ und dort zur Abteilung der „Gruppensilikate (Sorosilikate)“, wo er zusammen mit Andrémeyerit, Barylith, Gehlenit, Gugiait, Hardystonit, Jeffreyit, Kaliobarylith, Melilith, Meliphanit und Okayamalith die „Melilith-Gruppe“ mit der System-Nr. VIII/C.02 bildete.
Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Åkermanit ebenfalls in die Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort in die Abteilung der „Gruppensilikate (Sorosilikate)“ ein. Diese Abteilung ist allerdings weiter unterteilt nach der Art der Silikatgruppenbildung, der möglichen Anwesenheit weiterer Anionen und der Koordination der Kationen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung und seinem Aufbau in der Unterabteilung „Si2O7-Gruppen, ohne nicht-tetraedrische Anionen; Kationen in tetraedrischer [4] und größerer Koordination“ zu finden ist, wo es zusammen mit Barylith, Cebollit, Gehlenit, Gugiait, Hardystonit, Jeffreyit, Melilith und Okayamalith die „Melilith-Gruppe“ mit der System-Nr. 9.BB.10 bildet.
Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Åkermanit in die Klasse der „Silikate und Germanate“, dort allerdings in die bereits feiner unterteilte Abteilung der „Gruppensilikate: Si2O7-Gruppen, generell ohne zusätzliche Anionen“ ein. Hier ist er zusammen mit Gehlenit, Melilith und Okayamalith in der „Melilith-Gruppe“ mit der System-Nr. 55.04.01 innerhalb der Unterabteilung der „Gruppensilikate: Si2O7-Gruppen, generell ohne zusätzliche Anionen und mit Kationen in [8] und niedrigerer Koordination“ zu finden.
Kristallstruktur
Åkermanit kristallisiert tetragonal in der Raumgruppe P421m (Raumgruppen-Nr. 113) mit den Gitterparametern a = 7,84 Å und c = 5,01 Å sowie 2 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[2]
Die Kristallstruktur enthält [Si2O7]-Gruppen, die gestreckt mit ihrer Längsachse parallel der c-Achse angeordnet sind. Zwischen den Silikat-Gruppen sind die Kationen Calcium und Magnesium eingebaut, wobei Calcium von je acht und Magnesium von je vier Sauerstoff-Ionen umgeben sind (siehe Koordinationszahl).[7]
Eigenschaften
Åkermanit neigt stark zur Zersetzung.[7]
Bildung und Fundorte
Åkermanit findet sich überwiegend als kristalliner Bestandteil in Eisenhüttenschlacken, aber auch Zementklinker können Åkermanit und Melilith enthalten.[7] In der Natur bildet er sich durch Kontaktmetamorphose in kieselsäurehaltigen Kalkstein und Dolomiten sowie in Sanidinit-Fazies. Des Weiteren kann Åkermanit auch in alkalischen und calciumreichen Magmatischen Gesteinen entstehen. Als Begleitminerale treten unter anderem Diopsid und dessen eisen- und aluminiumhaltige Varietät Fassait, Forsterit, Grossular, Larnit, Merwinit, Monticellit, Spurrit und Wollastonit auf.
Insgesamt sind weltweit bisher (Stand: 2018) rund 50[8] natürliche und anthropogene (Schlackenhalden) Fundorte für Åkermanit bekannt. In Deutschland fand sich das Mineral unter anderem auf der Schlackenhalde der Herzog-Julius-Hütte bei Astfeld in Niedersachsen und im Steinbruch „Caspar“ am Ettringer Bellerberg bei Ettringen in der Eifel in Rheinland-Pfalz.
Weitere Fundorte sind unter anderem der Berg Dupezeh bei Qala Diza (Qeladze, قلعة دزة) im Irak; in der Hatrurim-Formation der israelischen Wüste Negev; am Monte Somma und am Monte Cavalluccio nahe Sacrofano in Italien; bei Hamada in Japan; Labrador, Oka und Saint-Joseph-du-Lac in Kanada; auf einer Schlackenhalde nahe Tsumeb in Namibia; bei Flekkeren in der norwegischen Kommune Skien; im Basaltsteinbruch bei Also-Rákos (Unter-Krebsenbach) im Kreis Harghita in Rumänien; im Odikhincha-Massiv in der Region Krasnojarsk sowie in den Chibinen und bei Kowdor auf der Halbinsel Kola in Russland; bei Kilchoan auf der schottischen Halbinsel Ardnamurchan; bei Söråker in Schweden; auf der „Hendriksplaats Farm“ bei Mashishing (ehemals Lydenburg) und in der „Wessels Mine“ bei Hotazel in Südafrika; bei Poličany/Kutná Hora (Schlackenlokalität) und Želénky/Duchcov in Tschechien sowie am Iron Hill im Gunnison County (Colorado), auf der Kaskadenkette (New York) und in der „Marble Canyon Mine“ im Culberson County (Texas) in den Vereinigten Staaten von Amerika.[9]
Siehe auch
Literatur
- I. H. L. Vogt: Studier over slagger I. In: Kong. Svenska Vetenskaps-Akademiens Handlingar. Band 9, 1884, S. 3–302 (rruff.info [PDF; 21,0 MB; abgerufen am 26. Mai 2018]).
- I. H. L. Vogt: Die Mineralien der Melilithgruppe - nämlich Gehlenit, Melilith und ein neues tetragonales, nicht Al2O3-führendes (Ca,Mg)O-Silikat (Åkermanit), nebst Zwischengliedern. In: Archiv for Mathematik og Naturvidenskab. Band 13, 1890, S. 310–402 (rruff.info [PDF; 4,9 MB; abgerufen am 26. Mai 2018]).
- Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 688 (Erstausgabe: 1891).
Weblinks
Einzelnachweise
- Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
- Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 568.
- Webmineral – Åkermanite (englisch)
- Åkermanite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (handbookofmineralogy.org [PDF; 65 kB; abgerufen am 26. Mai 2018]).
- Mindat – Åkermanite (englisch)
- Martin Okrusch, Siegfried Matthes: Mineralogie. Eine Einführung in die spezielle Mineralogie, Petrologie und Lagerstättenkunde. 7., vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage. Springer, Berlin [u. a.] 2005, ISBN 3-540-23812-3, S. 87.
- Helmut Schröcke, Karl-Ludwig Weiner: Mineralogie. Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage. de Gruyter, Berlin; New York 1981, ISBN 3-11-006823-0, S. 709–712.
- Mindat – Anzahl der Fundorte für Åkermanit
- Fundortliste für Åkermanit beim Mineralienatlas und bei Mindat